Mittwoch, 15. Dezember 2010

Ein Haßkommentar

Haßte was, biste was (1)


Es ist ein Kreuz in dieser Welt mit dem Haß.

Der russische Rechtsradikale (2) - der slawische Untermensch also, wie ihn Hitler und seine Freunde gerne scherzhaft zu nennen pflegten - läuft mit Hitlergruß durch Moskau.

Der deutsche Rechtsradikale haßt traditionellerweise Juden weil es ja semitische Untermenschen sind und nimmt gerührt zur Kenntnis, daß auch der Araber den Juden haßt. Irritierenderweise ist der Araber selber Semit, merkwürdigerweise sogar semitischer als der normale Jude, der seit Jahrhunderten in Europa wohnt. Wenn der Araber in Arabien bleibt und dort gegen Juden zündelt, ist er der liebste Freund des deutschen Rechtsradikalen. Kommt der Araber nach Deutschland wird er von rechtsradikalen Glatzen durch die Straßen gehetzt, verprügelt und gegebenenfalls auch erschlagen.

Der Türke ist Moslem und als Moslem mag er die Juden auch nicht so gern, das freut den deutschen Rechtsradikalen. Außerdem ist der Türke kein Semit, ein weiterer Pluspunkt. Allerdings hat der Türke die bedauerliche Eigenschaft, in ziemlich großer Zahl in Deutschland zu hausen. Das ist nicht nett vom Türken, weswegen feinsinnige Rechtsradikale schon mal an seiner Haustür zündeln.

Der Perser, das weiß der gebildete Rechtsradikale, ist Arier und von Ariern hält der Rechtsradikale viel, weil er selber einer ist. Irritierenderweise schaut der persische Arier aber nun gar nicht wie ein vorschriftsmäßiger Arier aus, also so groß und blond wie Hitler, und so schlank wie Göring. Schaut man genauer hin, so erinnert einen der Perser eher an den Juden, wie ihn Volksgenosse Streicher so gerne zeichnen ließ.

Es ist, wie gesagt, ein Kreuz in dieser Welt mit dem Haß. Früher, als alles noch besser war, war das Hassen viel einfacher.

Ich hasse komplizierte Sachen!
Zum Schluß ein Lied, zwei, drei.
 
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(1) In den frühen sechziger Jahren gab es den Slogan "Hast du was, bist du was - Sparkasse", ganz ohne Augenzwinkern.
(2) Bitte beachten, daß der Text von  2010 ist, damals lebte Wladimir Wolfowitsch Schirinowski noch, der Russenhitler, wie ihn die BILD-Zeitung zu nennen pflegte.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Nulltod

Der Osten, sagt man, sei rätselhaft, und er ist es anscheinend auch dann, wenn er sich im Westen befindet.

Anfang der achtziger Jahre [1] bereitete dieser rätselhafte Osten den französischen Behörden einiges Kopfzerbrechen. Im 13. Arrondissement von Paris - der Chinatown - ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen mysteriöser Todesfälle. Mysteriös waren diese Todesfälle deshalb, weil sie nicht passierten.
20.000 - 40.000 Asiaten lebten damals in diesem Stadtviertel, ihr Durchschnittsalter lag bei 30 Jahren. Die Statistik läßt bei einer Bevölkerung dieser Größenordnung und Zusammensetzung eine Sterberate von 100 - 200 Toten pro Jahr erwarten. Höchstens 3 - 5 Asiaten des 13. Arrondissements aber konnten sich jährlich zu diesem schwerwiegenden Schritt entschließen, was einer Plansollerfüllung von 5 bzw. 2,5 % ent­spricht; denkbar mickrig also. Die in diesem Bezirk ansässigen Beerdigungsunternehmen nährten sich - da sie von den Asiaten derart im Stich gelassen wurden - mehr schlecht als recht von den Toten der Eingeborenen.
Es kursierte seinerzeit der Verdacht, es würde in der Chinatown die Ahnenentsorgung schwarz und unter Umgehung der Behörden vor sich gehen.


[1]        Es ist lange her, ich weiß, aber die Kollegen Bibelschreiber berichten von noch viel älteren Begebenheiten und werden doch immer wieder gerne gelesen.

Dienstag, 30. November 2010

Früher

Früher, ja früher. Früher war halt die Vergangenheit noch nicht so lang her.

Donnerstag, 25. November 2010

Die Legende von der Entstehung des Namens "Kudamm"

Der Kudamm, diese merkwürdige Straße in Berlin, an der ein hohler Zahn gen Himmel weist und von sich behauptet, ein Kirchturm zu sein, hieß jahrhundertelang Kuhdamm, weil hier - als das Gelände noch weit außerhalb der Stadt lag und schwer ländlichen Charakter hatte - die Kühe entlanggetrieben wurden. Berlin wuchs und wuchs und vorwitzige Lokalpatrioten hatten bereits begonnen, das krebsartig wuchernde Gebilde "Stadt" zu nennen, da betrat ein Jüngling aus dem harzesten Harz die - ja, gut, sagen wir halt: - Stadt und sah das Schild "Kuhdamm", worauf er in Krämpfe verfiel und maßlosen Lachens voll verschied. Lange rätselten die wegen ihrer bräsigen Denk- und Lebensart in ganz Brandenburg verlachten Berliner Eingeborenen, was denn den Fremden so erheitert haben könnte, bis ein Cottbuser Postkutscher sie aufklärte. "Oh", sagten die aufgeweckteren Berliner und dachten vierzehn Tage lang über des Cottbusers Antwort nach. "Hm", sagte dann der Oberste Berater des Königs, der zwar nicht Schreiben, immerhin aber Lesen konnte und also als hochgebildet galt, "wir haben ein Problem."
Obwohl nur noch jeder vierte Passant eine Kuh sei, überdies der Damm längst woanders liefe, heiße der Weg immer noch "Kuhdamm", so analysierte der königliche Berater und er schlug dem König vor, man möge den Kuhdamm doch Hürlimannweg nennen. Der König versprach, darüber nachzudenken und während er noch nachdachte, woher er den Namen Hürlimann kenne, geschah es, daß der König zum Deutschen Kaiser ausgerufen wurde. Darüber erschrak der König so, daß ihm wieder einfiel, daß Hürlimann der Name seines Beraters war, den er einst aus den Hohen Bergen des Südens hatte kommen lassen, um wenigstens einen Schriftkundigen in Preußen zu haben. "Dieser Hürlimann ist mir ein gar zu arger Schelm", sagte der Kö... nein, der Kaiser und er verbannte Urs Hürlimann aus seinem Reiche, worauf Hürlimann zum Dank in seiner alten Heimat die Schweiz gründete.
Nun aber, da der einzige Intellektuelle des Reiches das Reich verlassen hatte, war guter Rat teuer und es würde der Kuhdamm immer noch "Kuhdamm" heißen, hätte nicht ein des Deutschen unkundiger Schildermaler aus Polen und aus Versehen "Kudamm" auf alle Straßenschilder entlang dieser Straße gepinselt.
Der polnische Schildermaler aber, dem sein Adelsstand längst peinlich geworden war, wurde aus diesem Stande entlassen und er gründete der Familie Popolski, ohne welche noch heute eine deutsche (oder überhaupt eine) Popkultur nicht möglich wäre.

Donnerstag, 4. November 2010

Rauchverbot und Nebenwirkungen

1836 machte einer in einem Zeitungsartikel den Vorschlag, man möge doch den Gästen des Café Tambosi [1] am Münchner Hofgarten erlauben, auch im Freien zum Kaffee zu rauchen. Das Rauchen war damals ausschließlich im Lokal erlaubt, während es draußen, in der Stadt zumindest, verboten war. Der Maler Wilhelm von Kaulbauch wurde seinerzeit, zigarrerauchend am Prinz-Carl-Palais vorbeispazierend, von einer Streife angetroffen und mit Arrest bedroht. Auch der Verweis auf seinen damals schon erheblichen Ruf als Maler half ihm nichts. Ihn rettete schließlich die Schildwache vor dem Palais, die ihm erlaubte, in ihrem Schilderhäuschen die Zigarre zu Ende zu rauchen. [2]

Seit dem 1. August 2010 gilt in Bayern ein striktes Rauchverbot in Lokalen. Zuvor war das Rauchen bereits in den meisten Lokalen verboten gewesen, jetzt ist es auch in Pils-Pubs, an Bierdimpflstammtischen und in Nebenzimmern verboten. Wer rauchen will muß raus.

Im August war das kein sonderliches Problem, inzwischen aber wird es kälter und kälter. In etlichen Jahren wird man in einer wissenschaftlichen Studie feststellen, daß die Lebenserwartung der bayerischen Raucher deutlich gesunken ist. Das wird den Wissenschaftlern Rätsel aufgeben, da gleichzeitig der Tabakkonsum insgesamt etwas zurückgegangen sein wird. Ob schließlich einer auf die naheliegende Erklärung kommen wird?

Vier-, fünf-, sechsmal pro Stammtischabend aus dem überheizten Lokal raus vor die Tür, dort jeweils ein, zwei Zigarettenlängen in der Eiseskälte stehen, den Mantel läßt du besser im Lokal, sonst machst du dich nur als Zechpreller verdächtig. Und dann zurück in die Wirtschaft mit ihren sommerlichen Temperaturen. Und so kommt es, daß es den Mitterwieser Xare, der nach altem Familienbrauch 75, 80 Jahre alt geworden wäre, schon mit 55 wegen einer fiebrigen Erkältung derlaibelt.

Heute gilt, daß das Betäubungsmittelgesetz gefährlicher ist als die Droge, morgen wird gelten, daß das Rauchverbot verheerender ist als das Rauchen.

Aber gut, so wird immerhin das Rentenproblem durch die Vertilgung des Ahndls gelöst.

Vivat virtus, et pereat mundus! [3]


[1]        Das Lokal gibt es unter diesem Namen seit 1775, zuvor führte es ein anderer Italiener, zwischen 1920 und 1997 hieß es Café Annast, seither wieder Tambosi.
[2]        Für dieses Raucher-Asyl hat der vermögende Maler wahrscheinlich die eine oder andere Zigarre aus seinem Bestand den Schildwachen überlassen.
[3]        Es lebe die Tugend und möge darob die Welt zuschanden werden!

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Sau Nummer vier

Der Seppi, ein verteufelt schneller Rauhhaardackel, jagt mit einem Ding, das eine Weißwurst sein könnte, durch Niedernußdorf. Niedernußdorf ist ein Dorf in der Nähe von Straubing und die Weißwurst erweist sich als ein von einer Sau abgebissener Finger.
Ein Kriminalfall also? Ein Gewaltverbrechen? Jedenfalls taucht Kriminalhauptkommissar Lederer aus Straubing in Niedernußdorf auf, um der örtlichen Revierleiterin Wegmeyer und ihren drei Polizisten bei den Ermittlungen zu zeigen, was eine Harke ist. Verfüttert nicht die Mafia ihre Opfer an Schweine? Aber leider, der letzte Italiener in der Gegend ist vor drei Monaten zurück in die Heimat gegangen.
Vermißt wird keiner, weder im Ort noch in der Umgebung. Allerdings ist der Berner-Opa auf dem Jakobsweg, pilgert also zu Fuß nach Santiago de Compostela und ist nicht zu erreichen, weil ein Handy hat der Berner-Opa nicht. Und die Berners sind Schweinezüchter!
Festnahme und Verhör. Da taucht der Berner-Opa wieder auf, weil er sich die Füße wundgelaufen hat und so groß ist sein Glaube dann doch nicht, daß er sich die alten Knochen vollends ruiniert. Es ist also nichts mit dem Mordfall.
Bis man, wiederum vom Seppi auf die Spur gebracht, die Asche einer verbrannten Frau findet, inklusive eines künstlichen Hüftgelenks. Auf dem Weg zum Revier läßt sich ein Polizist das Hüftgelenk aus der Tasche klauen. Kein Beweisstück mehr, aber jetzt ist die Kacke wirklich am Dampfen.

Der Film spielt zwar in der Nähe von Straubing, wurde aber im Landkreis Rottal-Inn gedreht. Die Schauspieler sehen aus wie richtige Menschen und sie sprechen, wie in Niederbayern halt gesprochen wird, kein Münchner Salonbairisch. Ein ungemein ruhiger Film, keine hektischen Schnitte, keine wackelnde Handkamera, keine wilde Action. Das höchste der Gefühle sind der durchs Dorf galoppierende Dackel Seppi und der forsch über die gewundenen Straßen jagende Kommissar in seinem Mercedes. Du hast Zeit, dir die Leute anzuschauen, die Landschaft, den Saustall.

Sauställe spielen eine wichtige Rolle in diesem Film, der Kommissar will diejenige Sau welche dadurch entdecken, daß er allen Schweinen der Gegend eine halbe Zuckerrübe hinhält, um die Bißspuren dann mit jenen auf dem Finger vergleichen zu lassen.
Kommissar: Ist das da eine Sau oder ein Eber?
Bauer: Das ist die Jacqueline.
Kommissar: Und die da?
Bauer: Das ist der Jacqueline ihre Schwester.
In einem anderen Saustall haben sie nicht so viel Glück, da haben die Schweine keine Namen, sie müssen sie durchnumerieren. Und so landen wir beim Filmtitel, denn Sau Nummer vier ist diejenige welche.
Und der Mörder? Scheiß auf den Mörder.
Ein sauguter Film.

Dienstag, 26. Oktober 2010

Die dunkle Seite der Wahrheit

Mit der Lüge ist das so eine Sache, die einfach aussieht und doch ungeheuer kompliziert ist. "Du sollst nicht lügen!" lesen wir in den Zehn Geboten und jeder ist nur zu leicht bereit, bei dieser Aussage zustimmend mit dem Kopf zu nicken.
Daß man nach Möglichkeit nicht lügen sollte ist einleuchtend. Menschliches Zusammenleben wäre kaum möglich, wenn Lügen eine allgemeine Übung wäre und jeder jeden ständig anlügen würde. Es gäbe keine Verläßlichkeit im menschlichen Miteinander, klar.

Wer aber hat die Behauptung aufgebracht, daß man nie, niemals lügen dürfe und daß dies der höchste Stand moralischer Vollkommenheit auf diesem Gebiet sei?
Es liegt auf der Hand, daß der Spruch von Leuten stammen muß, die wesentlich häufiger Leute nach etwas fragen als selber ihrerseits von jemand anderem gefragt werden. Solche Leute wollen natürlich nicht angelogen werden.
Die Forderung nach Wahrhaftigkeit ist also eine, die von oben nach unten geht. Von dir als Bürger erwartet man Wahrhaftigkeit, du sollst nicht lügen, wenn du was sagst, wenn man dich was fragt. Ein Fürst, ein Politiker, aber galt und gilt immer noch als völlig verrückt, wenn er wahrheitsgemäße Aussagen auch dann macht, wenn diese Aussagen ihm oder dem von ihm vertretenen Gemeinwesen schaden.

Leute, die neuerdings den Islam studieren, weil sie dem Islam (und damit eigentlich den Moslems) nur zu gerne an den Karren fahren wollen, haben die sogenannte Taqqiye entdeckt und zeigen mit anklagendem Finger darauf. Taqqiye, das ist das Verschweigen der eigenen Religion, wenn Lebensgefahr droht. Muslime, die unter der Autorität der Ungläubigen stehen und Angst um sich haben, sollten sich den Ungläubigen gegenüber in Worten loyal geben, während sie weiterhin inneren Abstand wahren sollen.
Puh, Empörung, diese Moslems aber auch.

Prügelt mich, aber ich kann an dieser Taqqiye nichts Schlechtes finden. Wenn ich eine, irgendeine (oder auch keine) Religion habe und die mich umgebenden Menschen es für eine gute Idee finden, Anhänger dieser (Nicht-)Religion zu erschlagen (und dazu auch in der Lage sind), dann werde ich nicht so freundlich sein, solchen Leuten ihr Totschlagsgeschäft dadurch zu erleichtern, daß ich mir ein Zeichen auf den Kopf male: Ich bin ein Tark, ich bin ein Schnark, erschlagt mich!
Der Hase bleibt auch nicht stehen und stellt sich dem Fuchs zum Kampf, er läuft vor ihm davon. Andere Tiere tarnen sich und machen sich für das Raubtier unsichtbar oder unriechbar. Das ist keine Feigheit, das ist die Waffe des Kleinen gegen den Großen; der Fuchs verhungert, wenn es nur noch schnelle Hasen gibt.

Stell dir vor, ich wäre evangelisch und die Truppen des katholischen Grafen klopften an meine Tür.
"Hör mal, Heinrich, wir haben gehört, du wärst evangelisch. Wir können uns das gar nicht vorstellen, du wirkst so vernünftig, bestimmt bist du katholisch oder willst es jetzt werden, gell?"
"Aber natürlich, Hochwürden, bin ich katholisch oder will es jetzt werden. Ganz klar. Wo ist die Liste mit den Dingen, denen ich abschwören soll? Ah, da ist sie ja." Liest aufmerksam die Liste. "Gut, Hochwürden, hiermit schwöre ich all dem ab. Wo ist das nächste Taufbecken, bitte?"
Und jetzt stell dir vor, dergleichen würde nicht nur ich machen, sondern viele, viele, fast alle, die man so bedrängt. Die Prediger mit Feuer und Schwert kämen ganz schön ins Schwitzen. Alle Evangelischen, Juden, Moslems und Hindus in ihrem Einflußbereich wären jetzt zwar katholisch, aber jedem wäre klar, daß man sich auf diesen Sauhaufen nicht verlassen kann. Einige, das sagt uns die Lebenserfahrung, sind jetzt zwar wirklich und echt bekehrt, aber wer? Du siehst, wie all die früheren Protestanten, Juden, Moslems etc. am Sonntag nach vorne schlappen, die Hl. Kommunion zu empfangen, aber du weißt ganz genau, daß es beim Großteil von denen nur Affentheater ist, daß sie sich hinter deinem Rücken totlachen über deine Dämlichkeit.
Das Bekehren mit Feuer und Schwert wäre bald aus der Mode gekommen.

Erzieher kennen die leidige Geschichte: Wer wertet wird beschissen. Wer Regeln für das Handeln und Denken vorgibt, der wird belogen und betrogen, und er wird es umso mehr, je strenger er diese Regeln vorgibt. Der strenge Erzieher macht sich selbst zum Kasper, der ständig wie ein Idiot hinter den Kindern herspionieren muß, weil er genau weiß, daß das, was sie ihm sagen, Unfug ist.
In manchen Ländern war und ist das Aussprechen bestimmter Gedanken verboten oder doch verpönt und mit Strafe oder Nachteilen bedroht. Nun weiß jeder, daß Gedanken nicht dadurch verschwinden, daß man ihr Aussprechen verbietet. Das hat zur Folge, daß man einen gigantischen Spitzelapparat aufbauen muß, um herauszufinden, was die Leute wirklich denken.

Wenn mir der Stärkere den Treueschwur aufnötigt, dann leiste ich ihn. Wenn sich der Stärkere aber auch nur einen Moment lang umdreht, hau ich ihm mit dem Knüppel auf den Kopf. Wäre diese Art von Ethik verbreiteter, würde die Herrschaft von Menschen über Menschen sehr, sehr schwierig.
Diese Ethik ist in hohem Maße subversiv, sie untergräbt Autorität, statt sie zu fördern. Gehorsam würde nur mehr so weit funktionieren, wie das Schwert reicht - und das reicht nicht sehr weit. Macht funktioniert, weil die Leute loyal sind. Sie gehorchen Befehlen, die ihnen widerstreben, auch dann, wenn kein Polizist neben ihnen steht, weil sie sich durch einen Eid oder was auch immer zum Gehorsam verpflichtet fühlen. Besatzerregimes können ein Lied davon singen, wie schwierig und teuer es ist, eine Bevölkerung zu beherrschen, die ihnen genau diese Loyalität verweigert.
Wenn Mao Tse Tung einst schrieb, alle Macht komme aus den Gewehrläufen, so kann ich ihm nicht zur Gänze widersprechen. Allerdings muß ich ergänzen, daß die Macht mindestens genau so stark aus den Büchern der Philosophen und Religionsgründer kommt, die uns die Unterwerfung unter den Willen eines anderen predigen, die uns lehren, loyal und gehorsam zu sein, ohne gründlich zu prüfen, ob der Herrscher unserer Loyalität, unseres Gehorsams auch würdig ist. Ein Philosoph, ein Prophet, ein Prediger ist wirkmächtiger als viele Militärkasernen - und ungleich billiger.

Was wäre, wenn (aufgedrängte) Treueide nicht mehr voraussetzungslos ernst genommen würden? Würde die Welt in Chaos und Wahnsinn versinken?
Nein. Es würde dazu führen, daß Mächtige bei weitem nicht mehr so mächtig wären, wie sie es jetzt sind. Es würde dazu führen, daß die Anordnenden sich mit den Subjekten ihrer Anordnungen arrangieren müßten, daß die Anordnungen so gestaltet sein müßten, daß sie von den Nicht-Mächtigen eingesehen und freiwillig befolgt werden.
Oder, wie es einst schon der Lindinger-Opa formulierte: "Anarchie ist machbar, Herr Nachbar."

Oma und Opa im Käfig?

Franz Josef Strauß hatte einst der Passauer Nibelungenhalle seine großen Auftritte beim Politischen Aschermittwoch der CSU. Strauß ist tot und auch die Nibelungenhalle ist längst abgerissen. Dort, wo sie einst stand, ist jetzt ein Einkaufszentrum, eigentlich zwei (drei?) mit einem großen und sehr unübersichtlichen Parkhaus.
Wenn du das Einkaufszentrum verläßt und - die Nikolastraße überquerend - in die Ludwigsstraße (Fußgängerzone) gehst, siehst du rechter Hand dieses Schild. Du siehst es und denkst dir "Oha!".
Seniorenkäfighaltung - ist das jetzt der harte Weg, mit der Überalterung unserer Gesellschaft fertig zu werden?

Erst ein Blick auf den Stadtplan von Passau beruhigt deine alten Nerven wieder ein wenig.

Was ich mich allerdings ernsthaft frage: Fällt jemandem, der so ein Schild in Auftrag gibt, der Doppelsinn nicht auf? Ich mein, der Seniorentreff der Passauer Malteser heißt offiziell ja "Seniorentreff Am Zwinger 1", bezieht sich also auf die Adresse. Daß man auf Schildern gerne kürzt leuchtet mir ein, aber wenn dann so was dabei rauskommt...

Dienstag, 21. September 2010

Fundamentalisten und Änderungstheologen

Seit dem modernen Menschen der Glaube an einen Gott und an ein Jenseits abhanden gekommen ist, stufen wir die Glaubensstärke von Menschen gerne in einer Tabelle ab, vom strenggläubigen Fundamentalisten über den nach Glaubensreform rufenden Modernisten bis zum Kirchensteuerheiden.

Die drei großen monotheistischen Religionen - Judentum, Christentum und Islam - sind aber keine Baukastenreligionen, aus denen ich mir je nach Gusto eine Weisheit hier, einen Glaubenssatz da herauspicke, um mir eine private, kommode Individualreligion zusammenzubauen. Es sind Offenbarungsreligionen, ihr Glaubensinhalt ist in Heiligen Büchern festgelegt, an diesen Glaubenssätzen läßt sich nicht deuteln. Wem die Bibel Gottes Wort ist, dem muß sie es ganz sein. Wem die Bibel nicht kompromißlos Gottes Wort ist, mag ein ehrenwerter Mensch sein, ein Christ ist er nicht.

* Da in der Bibel homosexueller Geschlechtsverkehr verdammt wird, ganz eindeutig verdammt wird, muß sich der homosexuelle Christ, der seiner sündigen Lust nachgibt, im Stande der Sünde sehen. Das Recht, dieses Verbot unvernünftig und unmenschlich zu finden, hat er; aber er hat es nicht innerhalb einer der christlichen Religionsgemeinschaften. Punkt.

* Das Wort des Apostels Paulus, das Weib habe in der Gemeinde zu schweigen, steht und gilt noch immer. Zwanglos ist daraus abzuleiten, daß Frauen kein Priesteramt in der Kirche ausüben dürfen. Ich finde jede Menge Argumente gegen dieses Verbot in der Vernunft. In der Bibel finde ich sie nicht.

An einer Offenbarungsreligion ist nichts zu reformieren. Sie steht. Sie steht entweder ganz da oder gar nicht. Wer einen in den Heiligen Büchern formulierten Glaubenssatz aus ihr herausbricht, bringt das ganze Gebäude des Glaubens zum Einsturz.

Ich bin demnach entweder ein strenggläubiger Fundamentalist oder ich stehe bereits außerhalb des Glaubens.

Ich weiß auch, daß diese Beschreibung von Religiosität nicht die empirische Wirklichkeit wiedergibt. Diese Wirklichkeit ist vielmehr ein rechtes Durcheinander. Jeder holt sich aus der Bibel, aus der Überlieferung, das heraus, was ihm in den Kram paßt und tut das andere achselzuckend als "irgendwie merkwürdig" ab. Die Kirchengeschichte ist der Beweis für die Geschmeidigkeit im Anpassen an die jeweiligen Bedürfnisse. Wenn die Religion irgendwann irgendwo zwickt und zwackt geht man halt zum Änderungstheologen und läßt sie sich umdeuten. Dafür sind diese Leute schließlich da. Fachkundig machen sie den Glauben auf eine geschmeidige Weise passend und behaupten die jeweilige Neuerung dann als ehern seiend und im Grunde immer schon vorhanden gewesen.

Eine liberale, den Neuerungen aufgeschlossene Religiosität ist nichts weiter als eine spirituelle Lebensversicherung. Ein Zipfelchen vom Glauben behältst du in der Hand, nur für den Fall, daß es nach dem Tode doch ein Jenseits geben sollte. Dann zeigst du dein Zipfelchen vor, gibst es für ein ganzes Kleid aus und hoffst, dich damit in die Ewige Seligkeit zu mogeln.

Religiöse Menschen in des Wortes eigentlicher Bedeutung sind Menschen, die sich ein Leben ohne Religion nicht einmal vorstellen können.

Als wirklich religiöser Mensch bin ich religiös in einem tief-existentiellen Sinn. Das Transzendente existiert für mich so, wie das Butterbrot existiert, von dem ich abbeiße. Wenn Gott zu Abraham kommt und ihm sagt, er möchte doch bitte so freundlich sein und seinen Sohn schlachten, dann schultert Abraham das Opferbesteck und macht sich, - seufzend, aber doch - auf den Weg. Das ist Religion und nicht das Entwerfen und immer wieder neue Entwerfen von theologischen Konzepten.

Who the fuck is Esterházy?

Am 20. 9. 2010 berichtete "der Standard" über die 22. Haydntage in Eisenstadt. Eingeleitet wurde der Artikel mit den Worten: "Was ist eigentlich vom Haydnjahr 2009 geblieben? Nüchtern betrachtet, stellt sich - trotz des exzellenten Sauvignon Blanc, den das Weingut Esterházy unter dem Namen des Komponisten vertreibt..."
Ist es nicht wunderbar, ist es nicht herzerwärmend, daß das einstmals erlauchte Haus Esterházy sein Gesöff unter dem Namen ihres einstigen Lakaien vertreibt? Gut 200 Jahre ist es her, daß Fürst Esterházy als großer Herr galt, während Joseph Haydn ein Nichts war, ein Fiedler, ein Musikant, dem man einige Taler hinwarf, damit er ein bißchen trällern ließ. Und jetzt kennt alle Welt Joseph Haydn, während "Esterházy"...
Laß heute irgendwo den Namen Esterházy fallen und man wird dich fragen, ob du nicht "Osterhasi" gemeint hast und wird kichernd "Nikolausi" hinzufügen. Frägt einer irritiert nach, ob du das nicht mit Hazy Osterwald verwechselt hast, dann hast du bereits einen Kundigeren vor dir. Es sind verdammt wenige, die mit dem Namen "Esterházy" noch etwas anfangen können und selbst diese wenigen kennen ihn lediglich deshalb noch, weil sie noch von der Schule her wissen, daß der große Joseph Haydn einstmals in Diensten des Fürsten stand.
Es ist wie mit Feldmarschall Radetzky, einst Herr über Leben und Tod, ein gefürchtetes Viech, den man heute ebenfalls nur noch deswegen kennt, weil ein Geigenschani aus Wien seinerzeit den "Radetzky-Marsch" komponiert hat.

Sonntag, 19. September 2010

Internet - Bericht aus der Wüste

Wir schreiben das Jahr 2010. Ganz Deutschland ist mit mehr oder weniger schnellen DSL-Internetverbindungen wohlversorgt. Ganz Deutschland? Nein, ein schäbiger Rest von 1 % aller Haushaltungen trotzt dem technischen Fortschritt und verzichtet auf diese Segnung der Neuzeit. Muß verzichten.

Ich gebe zu, eine Abdeckung von 99 % ist ziemlich beeindruckend und 1 % Fehlbestand sind nicht wirklich viel, damit sollte unser Land leben können. Nun hat es aber das Schicksal gewollt, daß ich seit kurzem meinen Wohnsitz in der Gemeinde Aldersbach genommen habe.

Oh, nichts gegen Aldersbach, es ist ein wunderschöner Ort in Niederbayern, bei den einen bekannt wegen seines Biers, bei den anderen wegen der barocken Asamkirche (wer nicht weiß, was eine Asamkirche ist, möge es sich ergoogeln). Aber: Aldersbach ist DSL-Diaspora, die abstrakte Prozentzahl 1 ist hierorts konkrete Realität, es gibt hier keine schnelle Internetverbindung über Netz. Eine Breitband-Initiative kämpft seit geraumer Zeit dafür, daß sich das ändert, bislang hielten sich ihre Erfolge allerdings eher in Grenzen. Immerhin werden jetzt bis zum Jahresende 2010 die Ortsteile Haidenburg und Uttigkofen mit DSL-Verbindungen versorgt sein, hieß es im Gemeindeanzeiger. Damit das so sein wird, muß die Gemeinde Aldersbach der Camorra ein Schutzgeld von mehr als 200.000 EUR überweisen, nicht ganz wenig für eine Gemeinde mit etwas über 5000 Einwohnern.

Pech für mich, daß ich weder in Haidenburg noch in Uttigkofen wohne.

Es mußte also Abhilfe her. UMTS, also die Versorgung über die Handy-Schiene, geht zwar auch in Aldersbach, ganz allgemein, nicht aber bei mir. Mein Haus liegt in einer Senke am Bach, selbst das Handy funktioniert hier ausschließlich am Schreibtisch und auch da nur, wenn ich eine ganz bestimmte, etwas unbequeme Körperhaltung einnehme. Lehne ich mich zurück oder neige ich mich zur Seite, schon beschwert sich mein Gesprächspartner, der Empfang sei gestört, er könne mich nicht mehr richtig hören.

Oben an der Straße am Waldrand, nur 100 m entfernt und 9 Meter höher, ist der Empfang ganz ordentlich. Allerdings konnte ich mich noch nicht dazu entschließen, meinen Schreibtisch nach draußen zu verlegen, so verlockend es in mancher Hinsicht wäre.

Was also blieb, war die Satellitenschüssel. Die örtliche Firma, an die ich mich gewandt hatte, empfahl mit eine Schüssel der Firma X., die habe zwar, wie die der anderen Anbieter, auch nur eine Downloadgeschwindigkeit von 3.500 kbit/s, die Uploadgeschwindigkeit sei aber höher.

Also gut, machen wir das so. Ich gab die Bestellung per Internet auf, denn ich wohnte damals, eben wegen der noch fehlenden Internetverbindung, noch nicht in Aldersbach. Bei der Angabe der Bankdaten aber machte das Programm schlapp, so daß ich bei der Firma anrufen mußte, wo die Bestellung von einer Dame in Berlin mit allen Daten angenommen wurde. Sie sagte mir, die Lieferung käme in etwa 10 Tagen beim Händler in Aldersbach an. Fein.

Einige Tage später rief mich die Dame aus Berlin zurück, um mir mitzuteilen, es habe da einen Fehler im System gegeben und wir müßten die Bestellung nochmal aufnehmen. Die 10-Tage-Frist lief nun erst ab diesem Tage. Na gut, soll sein, ich bin ein geduldiger Mensch.

Nach Ablauf der 10 Tage war die Satellitenschüssel immer noch nicht angekommen, ich mußte also ein weiteres Mal bei der Firma X. anrufen. Die Firma hat, was ich ihr bei aller Kritik hoch anrechne, keine dieser von Gott im Zorn erschaffenen Service-Hotlines, sondern eine normale Telefonverbindung,. Man vertelefoniert also nicht Unsummen, ehe man dann nach fünf Minuten doch frustriert auflegt. Bei einer normalen Telefonleitung kommst du entweder durch oder es ist besetzt. Meistens war besetzt.

Aber gut, nach einigen Tagen erwischte ich dann doch einen. Der Herr sagte mir, er könne mir momentan nichts Konkretes sagen. Die Abteilung sei vor kurzem von Berlin nach Hamburg ausgelagert worden, es seien noch nicht alle benötigten Informationen von Berlin nach Hamburg übermittelt worden. Wahrscheinlich ist der Reitende Bote irgendwo im Schlamm der Norddeutschen Tiefebene steckengeblieben. Der freundliche Herr versicherte mir aber, er werde sich drum kümmern und mich noch am selben Tage zurückrufen. Es rief natürlich kein Schwein zurück, so daß ich tags drauf nochmal anrief. Er habe bislang noch keinen in Berlin erreichen können, so erfuhr ich, er werde mich aber heute noch zurückrufen. Ich bat ihn dringend, er möchte mich auch dann zurückrufen, wenn er nichts erreicht habe, was er versprach.

Er rief natürlich nicht zurück. Was soll ich erzählen - irgendwann war die Schüssel doch da und kurz drauf auch montiert.

Allerdings kam kein Signal.

Der Chef der örtlichen Firma, die auf die Montage von Satellitenschüsseln spezialisiert ist, konnte mit den Angaben in der Begleitbroschüre nichts anfangen, da diese aus Sicherheitsgründen auf Französisch verfaßt waren. Er führte dann, zu Lasten meines Handykontos, ein längeres Gespräch mit einem Experten in der Zentrale der Firma X., viel Fach-Chinesisch ging hin und kam wieder zurück, am Ende erhielt ich die Empfehlung, ich möge mich doch an den örtlichen Vertragsmonteur der Firma X. wenden. Dieser hatte seinen Wohnsitz am anderen Ende von Niederbayern, kam aber prompt und - kurz: Ich konnte mit meiner Satellitenschüssel tatsächlich Signale aus dem Internet empfangen und auch dorthin senden. Allerdings machte mich der Monteur drauf aufmerksam, daß wir März hätten. Dies sei mir klar, stammelte ich ängstlich, aber was denn die Jahreszeit...

Nun, meinte er, wenn der Mai komme, dann sei zu befürchten, daß die Bäume wie jedes Jahr ausschlügen und Blätter an ihre Äste und Zweige hefteten. Der jetzt freie Platz zwischen den beiden Bäumen am Bach, durch den im Moment noch das Signal aus dem All unbehindert gleite, sei dann wahrscheinlich zugegrünt.

Mit dieser verfluchten Natur hast du aber auch nichts als wie Geschiß, wenn du mitten in der Natur wohnst und nicht von einer Stadt drum rum vor ihr geschützt bist.

Was soll ich erzählen - der befürchtete Angriff der Killerblätter blieb aus. Ab und zu hab sogar ich etwas Glück. Allerdings erwies sich die Internetverbindung, Blatt hin, Blatt her, insgesamt als sehr unstabil und launisch. Mal war sie da, mal nicht und wie beim Tod wußte ich weder den Tag noch die Stunde, noch gar den Moment, da die Verbindung wieder da wäre. Ich nahm die Sache theologisch und dachte mir, wenn dich schon weder 1 Gott noch 1 Religion Geduld und demütige Ergebenheit lehren, so möge dies eben das Internet tun.

Manchmal allerdings, wenn ich zum Beispiel eine Überweisung am Machen bin, ist das Zusammenbrechen der Verbindung doch sehr, sehr lästig und ich erhebe dann meine Hände gen Himmel und lästere in bitteren Worten den Hl. Geist des Internets.

Es bleibt noch zu erwähnen, daß ich die Firma X. bei Gelegenheit meiner viel zu häufigen Telefonate mit ihr viele Wochen lang angefleht habe, man möge mir doch endlich etwas Schriftliches zusenden, so eine Art Vertrag wäre vielleicht ein ganz guter Anfang. Dies sah man ein und man sagte man mir mehrmals zu, mir einen Vertrag zukommen zu lassen.

Gekommen ist nichts. Die erste schriftliche Nachricht aus dem Hause bestand in der Mitteilung, man habe meine Bankdaten, die man - Sie erinnern sich noch? - zweimal telefonisch erhoben hatte, inzwischen verschlampt und ich möge sie Ihnen doch per Brief mitteilen, damit sie eine Einzugsermächtigung veranlassen könnten. Vielleicht ist es nachvollziehbar, daß inzwischen ich kein Interesse mehr hatte, einer Firma wie dieser eine Einzugsermächtigung zu geben. Ein Vertrag kam im übrigen auch nicht, was nach einiger Zeit kam war die Mitteilung, ihr internes Risikomanagement habe eine Prüfung meiner Daten vorgenommen und man wolle auf Grundlage aller ihnen vorliegenden Tatsachen von einem Vertragsabschluß mit mir absehen. Nach einem weiteren Anruf bei der Firma zeigte sich der zuständige Herr überrascht, meinte aber, er werde dem nachgehen und mir Bescheid geben. Der Bescheid - Sie wundern sich inzwischen nicht mehr - kam nie. So läuft die Verbindung also ohne Vertrag und Einzugsermächtigung und ich bin's zufrieden. Vertrag hieße zweijährige Bindung, ich aber möchte dem Wahnsinn entfliehen, sobald die Technik mir eine Chance gibt.

Nein, mein Bericht aus der elektronischen Wüste im Dreieck zwischen Hamburg, Berlin und dem Unteren Vilstal ist noch nicht ganz zu Ende. Leider, säufts!, ist doch die penible Niederschrift all dieser Vorgänge für mich so ermüdend, wie es die Vorgänge selber waren.

Die Situation wird nämlich verschärft durch den Umstand, daß du als Satellitenschüssel-Abhängiger keine Flatrate hast wie jeder andere Depp, der sich ins Internet einklinkt. Dein Traffic ist vielmehr auf 3,5 GB pro Monat beschränkt, was eine ganze Menge sein mag, zugegeben. Der Haken ist: Vielleicht aber auch nicht. Denn die Evolution hat mir kein - und zwar überhaupt kein - Gespür dafür mitgegeben, wieviel 3,5 GB sind und wieviel davon ich mit dieser oder jener Aktivität verbrauche.

Du holst E-Mails runter, irgendein Depp hängt 10 Graphiken mit jeweils wunderwaskommasieben MB an seine E-Mail an, in einem Forum argumentiert einer mit einem YouTube-Video, das du dir anschaust... Und du schickst ein Stoßgebet zum Himmel, nein, nicht zum Herrgott, der nichts dafür kann, sondern zum Satelliten.

Und irgendwann ist es passiert, du hast deine Tages- oder gar Wochenration verbraucht und du merkst es, weil sich mit einem Mal die Seiten im Zeitlupentempo aufbauen. Du bist ein geduldiger Mensch und du wartest, es ist dir halt wichtig. Durch das - nunmehr unglaublich langsame - Weitersurfen verbrauchst du weiter Kapazitäten und die Geschwindigkeit reduziert sich weiter.

Es ist eine absolut alptraumhafte Situation. Das Verhängnis ist da, es bleibt und du weißt nicht, wann es weicht, verzweifelst dran, ob je. Du stellst das Surfen ein, schaust nur in gewissen Zeitabständen nach, ob der Fluch von dir gewichen ist, aber jeder Versuch, nachzuschauen, ist ein neuer Grund dafür, daß es länger dauert.

Ich also wieder am Telefon und nachgefragt, ob es denn eine Möglichkeit gebe, den Verbrauch von Up- und Downloads zu messen, so daß man sehen könne, daß man sich allmählich der Grenze nähere und so sein Surfen sparsamer gestalten könne. Nein, sagte man mir, so etwas gebe es bei der Firma X. bislang noch nicht, man habe aber den Mangel erkannt und man werde in Kürze der geschätzten Kundschaft diesen Service zur Verfügung stellen.

Nun, so wie ich die Firma X. bislang kennengelernt habe, wird diese Neuerung am Feiertag des Hl. St. Nimmerlein eingeführt werden.

Tu alle Hoffnung ab.

Bete zu Gott um Gnade und um einen neuen UMTS-Funkmast, denn siehe, auch die Telekom wird dich am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Eher nämlich wird Josef Ackermann zum Bolschewiken als Aldersbach, Ortsteil Walchsing, zum DSL-Anschlußgebiet.

Freitag, 17. September 2010

Intellenz und Uckermarck - Thilos Thesen, wirklich stark

Herr Sarrazin hat, du erinnerst dich, unter anderem behauptet, Schwaben seien intelligenter als Brandenburger [1]. Darüber freut sich natürlich der Schwabe, während den Brandenburger nur seine ausgeprägte Herzensbildung daran hindert, Herrn Sarrazin auf offener Bühne seiner Beinkleider zu berauben.
So denkt man jedenfalls.
Tatsächlich aber hat die auf einer Lesung in Potsdam anwesende brandenburgische Bevölkerung diese, auf Anfrage von Herrn Sarrazin wiederholte Behauptung bejubelt.
http://www.theodor-rieh.de/heinrich/Bilder/Sonneborn_bei_Sarrazin.flv

Daraus könnte man Schluß ziehen, die Brandenburger seien tatsächlich und wahrhaftig eine Horde lallender Idioten, zumindest müsse man dies für die im Saal anwesenden Brandenburger annehmen.
In Wirklichkeit jedoch ist die Sache mit der Intelligenz ein bisserl komplizierter. (Du dachtest dir so was schon, klar.)
Entgegen anderslautenden Gerüchten ist es nämlich so, daß Intelligenz, das heißt die von Intelligenztests erfaßbaren Intelligenz-Leistungen nicht spontan und voraussetzungslos sind. Die in solchen Tests zu lösenden Aufgaben sind von der Struktur her lehrbar, man kann sie üben und sie werden gelehrt und geübt, in höheren Schulen besser, in anderen Schulen nicht so gut. Vorhandene Intelligenz kann also gefördert oder nicht gefördert werden, sie wird in besseren Schulen intensiver gefördert, sie wird in Elternhäusern mit guter Schulbildung besser und in armen Familien (ich weise nur auf die Wohnsituation hin) schlechter gefördert als in wohlhabenden Familien.
Wenn ich also zwei Populationen im Hinblick auf ihre angeborene, spontan, also irgendwie von Natur aus vorhandene Intelligenz miteinander vergleichen will, dann muß ich die beiden Populationen im Hinblick auf diese meßfehlerträchtigen Störfaktoren parallelisieren. Ich will mich jetzt nicht mit der Problematik interkultureller Vergleiche aufhalten, nehmen wir der Einfachheit halber an, ein Forscher wolle die Intelligenz der Einwohner der Stadt Tübingen mit jener des Alb-Donau-Kreises (beide in Baden-Württemberg gelegen) in Verbindung bringen.
Jede Wette, daß der durchschnittliche Intelligenz-Quotient in Tübingen deutlich höher liegen wird als im Alb-Donau-Kreis. [2]
In der Universitätsstadt Tübingen (die von ihrer Uni geprägt ist wie keine andere Stadt in Deutschland) triffst du einen sehr hohen Anteil an Leuten mit guter bis sehr guter Bildung an, die aus dem Alb-Donau-Kreis stammenden Intelligenzbestien hocken in Tübingen rum und treiben hier den Meßwert hoch, während sie in ihrer Heimat zur Aufpolierung der Statistik fehlen.
Ich muß das jetzt nicht im Einzelnen ausführen, der Mechanismus ist klar.
Moslems in Deutschland (ich sag jetzt mal der Einfachheit halber "Türken") haben einen ganz deutlichen Bias [3] in Richtung Unterschicht, also wenig Förderung, schlechte Bildung, die üblichen Unterschichtphänomene. Der Bias wird im übrigen verschärft durch den Umstand, daß türkische Akademiker, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, irgendwann in die Türkei zurückgehen (nun, nicht eigentlich "zurück", aber es ist klar, was ich meine), weil sie es nicht mehr ertragen, in Deutschland wie ein minderwertiges Stück Fleisch behandelt zu werden.
Nun könnte ein schlaues Kerlchen kommen und sagen, es sei ja genau umgekehrt, die Unterschicht sei Unterschicht, weil diese Leute zu blöd wären, sich für bessere Jobs zu qualifizieren.
Schnitt/Gedankenexperiment:
Stelle dir eine Gesellschaft vor, die aus lauter Klons von Albert Einstein und Mileva Einstein-Marić [4] bestünde. (Okay, die Vorstellung ist optisch ein wenig eintönig.) Was würde geschehen? Eine Gesellschaft, in der alle über Theoretische Physik nachdenken wäre bald verhungert, es braucht Leute, die Gräben ausheben, Dächer decken, Brot backen und Kühe melken. Der Großteil der Alberts und Milevas müßte von der Theoretischen Physik abgezogen werden, damit die Gesellschaft überleben kann. Auf Theoretische Physiker kann eine Gemeinschaft zur Not verzichten, auf Bauern nicht.
Relativ kurze Zeit, nachdem du dir so eine Klongesellschaft eingerichtet hast (die allfälligen Nachkommen sind dann ja ebenfalls mit Intelligenz-Genen vollgepumpt, daß es ihnen bei den Ohren nur so rausspritzt), wirst du eine deutliche Differenzierung der Intelligenz-Werte feststellen. Wer seinen Tag damit zubringt, Kühe zu füttern und zu melken, braucht andere Anpassungsleistungen an seine Umwelt als ein Physikprofessor.
Ich muß jetzt nicht wirklich weiterargumentieren, oder?


[1] Er hat, um präzise zu sein, von Uckermärkern gesprochen, aber ich sehe darin eine ganz deutliche Spitze gegen unsere Bundeskanzlerin. Niewoh hat das nicht.
[2] Daß der Begriff "durchschnittlicher Intelligenz-Quotient" jeden Menschen, der weiß, was eine Ordinalskala ist, vor Pein und Scham winseln läßt, lasse ich hier ebenfalls mal außen vor.
[3] Bias ist ein meist störender, systematischen Effekt bei Messungen, der zu teils erheblichen Meßfehlern führt.
[4] Mileva Einstein-Marić war die erste Frau von Albert Einstein, eine hochqualifizierte Mathematikerin und Physikerin, der man nachsagt, sie habe dem mathematisch nicht ganz sattelfesten Einstein entscheidend geholfen, seine Relativitätstheorie zu formulieren.

Dienstag, 7. September 2010

Begabung

In seinem vor vielen Jahren erschienen Buch "Aus der Routine ausbrechen" referiert Roger von Oech eine schon damals nicht mehr ganz neue wissenschaftliche Untersuchung:
"Auch Erzieher wissen von den sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Vor mehreren Jahren sagte man einer Lehrerin, sie habe eine Klasse begabter Kinder, während sie in Wahrheit eine Klasse gewöhnlicher Kinder leitete. Als Folge dieser Worte bemühte sie sich ganz besonders, ihre Schüler zu fördern. Sie verbrachte mehr Zeit damit, ihr Pensum vorzubereiten und blieb noch nach Schulschluß, um ihnen Ideen zu geben. Die Klasse reagierte ihrerseits positiv und errang bei den gleichen Tests, die sie früher als durchschnittlich klassifiziert hatten, höhere Punkte als der Durchschnitt. Weil sie wie begabte Kinder behandelt wurden, leisteten sie ihre Aufgaben wie begabte Kinder."
Von Oech tut uns leider nicht den Gefallen, eine Quelle anzugeben, aber das macht nichts. Dergleichen Untersuchungen wurden im Laufe der Zeit öfter gemacht und sie kamen alle zu dem gleichen Ergebnis: Je mehr einem Kind der Ruf der Schlauheit/Dummheit vorauseilt, desto schlauer/dümmer wird das Kind.
Ist ja auch klar: Wenn ein Kind sich Buntstifte greift und etwas zeichnet, dann hängt viel vom Verhalten seiner Umwelt ab. Wenn die Eltern bereits die Tatsache des Zeichnens als Unfug abtun, dann ist es eher unwahrscheinlich, daß das Kind weiterhin gerne zeichnet, spötteln sie über die Ergebnisse der Bemühungen wird vermutlich das gleiche geschehen. Ermuntern sie dagegen das Kind, sind sie vielleicht sogar aufgrund eigener Kenntnisse und Erfahrungen in der Lage, hilfreiche Tips zu geben, dann darf man erwarten, daß das Kind gerne und oft zeichnet. Zeichnet es oft und gerne, dann ist es nicht verwunderlich, wenn die Ergebnisse besser und besser werden und die Ermunterung von Seiten der Umwelt zunimmt, was wiederum zu weiteren Bemühungen führt. Und irgendwann wird einer auf die Idee kommen, das oft und gerne zeichnende Kind als kunstbegabt einzustufen.
Das alles sind simple Zusammenhänge, unmittelbar einleuchtend und von jedermann im Alltag wieder und wieder zu beobachten.
Ob man, so frage ich mich, daraus nicht den Schluß ziehen darf, daß es Begabung im Sinne einer genetischen Disposition gar nicht gibt?

Mittwoch, 1. September 2010

Eine Bombenstory

Im Frühjahr des Jahres 1977 (ich geb zu, ganz aktuell ist die Meldung nicht mehr) hatte es beim Spiel von Verona gegen Juventus Turin ein Sicherheitsproblem gegeben.
Die Frankfurter Rundschau berichtete darüber:
"Die Behörden entschieden sich angesichts der hohen Zuschauerzahl von 35000 ge­gen eine Räumung des Sta­dions und deckten die Hand­granate statt dessen mit meh­reren Schaumstofflagen ab."

Die BILD-Zeitung berichtete über den gleichen Vorfall auf wesentlich höherem Niveau:

"Auf den Rängen tobten 70000 Fans und unter der Tribüne tickte eine Drei-Zent­ner-Bombe..."

Von der BILD-Zeitung lernen heißt Journalismus lernen.

Montag, 23. August 2010

Lange Rede, gar kein Sinn

Der - wie der Name schon sagt: schlesische - Mystiker Angelus Silesius (1624 - 1677) prägte einst das Wort: "Mensch, werde wesentlich".

Nun habe ich mit Mystikern normalerweise wenig am Hut, hier aber muß ich sagen: Genau!

In der Mitte der siebziger Jahre hörte ich die 6-Uhr-Nachrichten von "Stimme der DDR". Weil ich dachte, mich verhört zu haben, hörte ich sie mir um 7.00 Uhr nochmal an und nahm sie auf Band. Ich hatte mich nicht verhört, die Nachricht (sie ist hier vollständig wiedergegeben) lautete also:

Der Leiter der Abteilung BRD im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR, Karl Seidl, protestierte gestern gegenüber dem Leiter der Ständigen BRD-Vertretung, Günter Gaus, gegen bestimmte Aktivitäten der BRD-Vertretung, die im Widerspruch zu der getroffenen Vereinbarung über die Errichtung der Ständigen Vertretungen stehen und eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR darstellen. Diese Aktivitäten widersprächen auch Artikel 41 der Wiener Konvention über Diplomatische Beziehungen. die für die Vertretungen entsprechend angewandt wird, und nach der die Mitarbeiter diplomatischer Missionen verpflichtet sind, die Gesetze und Bestimmungen des Empfangsstaates zu achten und sich nicht in seine inneren Angelegenheiten einzumischen. Ein vom Leiter der BRD-Vertretung vorgebrachter Protest über Maßnahmen der DDR, die sich angeblich gegen die Ständige Vertretung der BRD richten würden, wurde von Karl Seidl entschieden zurückgewiesen. Er erklärte, alle Maß­nahmen der DDR dienten ausschließlich der Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung und beeinträchtigten in keiner Weise die Arbeitsmöglichkeiten der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR.

Ein ganz ungewöhnlich krasses Beispiel dafür, wie man eine Nachricht formulieren kann, ohne das mindeste inhaltlich mitzuteilen. Was man erfährt ist lediglich, daß etwas passiert ist, irgend etwas; daß nämlich die BRD-Vertretung bestimmte Aktivitäten entfaltet hat, welche Aktivitäten dann durch Maßnahmen (irgendwelche Maßnahmen) der DDR beantwortet wurden.

Die absolute Inhaltsleere dieser Meldung tritt jetzt (33 Jahre danach) noch viel krasser zutage als damals. Damals waren besagte Vorkommnisse täglich in der Zeitung und im Fernsehen, man konnte sich also schon denken, was gemeint war, heute müssen selbst Leute, die das seinerzeit noch direkt (über die Medien) mitbekommen haben, eine Weile grübeln, ehe sie draufkommen.

Bevor jetzt einer vor Neugier platzt: Es handelte sich darum, daß die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland viele DDR-Bürger in Rechtsdingen - vor allem die Ausreise betreffend - beraten hat, worauf die DDR jeden Besucher der Vertretung kontrollierte und namentlich erfaßte, bzw. die Erlaub­nis für diesen Besuch verweigerte.

Der eigentliche Witz dieser inhaltsleeren Meldung besteht aber darin, daß seinerzeit die DDR-Medien nichts, aber auch gar nichts über diese Vorgänge berichtet hatten, die immerhin mitten in Ost-Berlin, der Hauptstadt, stattfanden.

Der offensichtlich amtliche Verfasser dieser Rundfunkmeldung hat tatsächlich und ganz offiziell darauf vertraut, daß die DDR-Bevölkerung sowieso das schwer verpönte Westfernsehen guckt, so daß dumpfe Andeutungen längst bekannter Sachen genügen, um der peinlichen Informationspflicht zu genügen.

Nur die armen Dresdner im "Tal der Ahnungslosen" verstanden wieder mal nur "Bahnhof".


Samstag, 21. August 2010

Schneckenvertilgungsmittel

In Hitchcocks Film "Der Mann, der zuviel wußte" (1) lernt die amerikanische Familie McKenna in Marokko den Franzosen Louis Bernard kennen. Hank, der kleine Sohn der McKennas frägt den Franzosen, ob denn auch er gerne Schnecken äße und jener antwortet, ja, es sei ihm nur leider zu selten vergönnt.

Großzügig meint Hank, er solle mal zu ihnen nach Indianapolis kommen, sie hätten dort jede Menge Schnecken im Garten. Sie hätten bereits alle möglichen Schneckenvertilgungsmittel versucht, einen Franzosen allerdings noch nie.

Interessanter Gedanke. Franzosen als umweltfreundliches Schneckenvertilgungsmittel, könnte ein Exportschlager werden.



(1) Hitchcock hat den Film unter dem gleichen Titel im Abstand von 22 Jahren zweimal gedreht. Ich meine die Fassung von 1956.

Samstag, 14. August 2010

Hunde, rasserein und massenhaft

Wer einen Hund hat und in Begleitung dieses Hundes angetroffen wird, der wird, sollte sich eine Konversation ergeben, unvermeidlicherweise mit der Frage konfrontiert, was das denn für eine Rasse sei.
Wenn dein Hund ein Schlombinzinger oder ein Wurchlistanischer Hirtenhund ist, mit einem Stammbaum bis hinab zu Karl dem Großen, dann hast du es einfach. Du sagst dann mit der gebührenden Nachlässigkeit, so als wäre das nichts, dein Hund sei ein Schlombinzinger oder ein Wurchlistanischer Hirtenhund, mit einem Stammbaum bis hinab zu Karl dem Großen.

Was aber, wenn nicht, wenn dein Hund einfach nur ein Hund ist? Rotbraun und weiß gemustert oder kohlpechrabenschwarz mit einigen weißen Flecken? Was antwortest du dann?
Bist du kühn und kannst du auf die völlige Ahnungslosigkeit deines Gesprächspartners bauen, dann wirst du dich vielleicht zu der Äußerung hinreißen lassen, dies sei eine anerkannte Kreuzung aus einem Schlombinzinger und einem Wurchlistanischen Hirtenhund, deren beider Stammbaum angeblich bis hinab zu Karl dem Großen reiche, was aber nicht mit letzter wissenschaftlicher Gewißheit erwiesen sei. Wahrscheinlich aber bist du nicht kühn und wirst nur verlegen wispern: "Das ist ein Mischling".
Damit hast du natürlich verschissen und dich als Popel geoutet, der mit irgendeinem popeligen Hund zufrieden ist.
Wenn du das nächste Mal mit dieser Situation konfrontiert bist, dann mach mal probeweise das, was ich seit einiger Zeit mache. Belehre deinen Gesprächspartner, dein Hund komme nicht aus irgendeinem Zuchtzwinger, der genau gleich aussehende Hunde schockweise erzeuge, es handele sich bei deinem Hund vielmehr um ein Einzelstück, eine exklusive Sonderanfertigung, nur für dich. Dein Hund sei nicht nach düster-strengem Zuchtreglement bei einer programmierten Paarung erzeugt worden, er sei vielmehr liebevoll handgefickt.
Als ich das Anmeldeformular für die Hundesteuer ausgefüllt habe, habe ich meine beiden Hübschen in der Rubrik "Rasse" als "Sonderanfertigung" eingetragen. Der kommunale Beamte war mit dieser Terminologie etwas überfordert und so blieb es amtlich bei "Mischling".
Meine beiden Sonderanfertigungen und mich stört das aber nur wenig.

Mittwoch, 11. August 2010

Gehorche, du Hund!

Wenn du einen Hund hast, dann möchtest du ihn einigermaßen im Griff haben, denn ansonsten hast du nur Geschiß mit ihm. Wenn dieser Hund in etwa so groß ist wie ein Deutscher Schäferhund (aber natürlich viel, viel schöner, jetzt sag mal selber), dann ist es doppelt wichtig, daß er deinen Anweisungen folgt, denn so ein Hund wirkt auf Fremde schon auf Grund seiner schieren Größe bedrohlich.

Damit er dir folgt, mußt du ihn erziehen und um ihn zu erziehen, mußt du immer wieder mal seinen Gehorsam erzwingen. Gut, ich rede viel mit ihm, ich argumentiere brillant und meistens sieht er dann auch ein, daß bestimmte Sachen nicht gehen, aber halt nur meistens.

Eine Zeitlang mußte ich ihn an einem 30 Meter langen Seil halten, denn der Wald ist nah, das Grundstück nicht eingezäunt und im Wald da sind die Jäger. Wie er es geschafft hat, weiß ich nicht so genau, Fakt ist, Hemul, der Ausbrecherkönig, hat es geschafft, sich immer wieder mal aus dem Halsband und sogar aus dem Geschirr herauszuwinden und auszubüxen.

Wieder eingefangen mußte ich ihn nun für seine Eskapaden bestrafen, klar, und ich habe es auch gemacht.

Aber, und hier fängt das Problem an, mir fehlt bei diesen Bestrafungen der letzte Biß. Ich habe nicht die nötige Einstellung dazu, und ich fürchte, mein Hund hält mich für ein Weichei. Ich fordere von meinem Hund Gehorsam, aber ich kann ihm nicht böse sein, wenn er nicht gehorsam ist. Schlimmer noch: Ich bin stolz auf ihn, Widerstand und Aufsässigkeit imponieren mir, Gott strafe mich.

Sicher, ich mußte ihn zu seinem eigenen Schutz anleinen, aber wie könnte ich einem Hund (oder Menschen) böse sein, wenn er versucht, aus einer ihn einschränkenden Situation herauszukommen? Ausbrechen ist für einen Eingesperrten die normalste Sache von der Welt.

Abschließend sollte ich vielleicht noch erwähnen, daß Hemul der freundlichste Hund von der Welt ist. Schwanzwedelnd läuft er auf wildfremde Menschen zu und begrüßt sie auch dann, wenn ich nicht in der Nähe bin.

Und folgen tut er mir auch. Meistens. Fast immer.


Sonntag, 8. August 2010

Bruni Mayer, eine Felsin im Schwarzen Meer

Viel ist die Rede von Frauen in der Politik [1], viel auch von schurkischen Politikern, die bescheißen, wo immer es etwas zu bescheißen gibt. Daß Bruni Mayer vor inzwischen 23 Jahren Landrätin im Landkreis Rottal-Inn in Niederbayern geworden ist, das hat mit einem Politiker-Beschiß der ganz besonderen Art zu tun.

Eigentlich nämlich war ja ihr - inzwischen verstorbener - Mann Ludwig Landrat im Kreis Rottal-Inn gewesen. Der Mayer Biasch, wie man ihn nannte, war der Bub vom alten Mayer, dem das Lagerhaus Mayer in Eggenfelden gehörte. Er war der erste Landrat, seit man 1972 die Landkreise Eggenfelden und Pfarrkirchen zu einem Landkreis zusammengelegt hatte, und er blieb es bis 1984. Und er war bei der CSU, wie es sich gehört, in einer Gegend, die eine der schwärzesten in der ganzen Republik ist.

Als das viel zu klein gewordene Kreiskrankenhaus Eggenfelden durch einen Neubau am Stadtrand ersetzt wurde, hat der Mayer Biasch mit der Firma Siemens, die damals die medizinischen Geräte liefern sollte, einen Deal ausgehandelt, einen sogenannten "Naturalrabatt". Wenn Siemens den Auftrag für Eggenfelden bekäme, dann sollten sie im Kreiskrankenhaus Simbach/Inn eine Intensivstation und eine Röntgenanlage einrichten. Kostenlos natürlich, denn regulär wäre das nicht zu finanzieren gewesen, und ohne Intensivstation war die Lage in Simbach inzwischen dramatisch geworden.

Die Sache kam auf, der Mayer Biasch wurde des Subventionsschwindels angeklagt, seines Amtes enthoben und aus der CSU ausgeschlossen. Der CSU, die den ziemlich unbürokratischen Landrat anscheinend schon länger loswerden wollte, kam es dabei gerade recht, daß der verheiratete Mayer Biasch damals gerade mit einer geschiedenen Frau rummachte. Als er sich dann seinerseits scheiden ließ und die geschiedene Bruni heiratete, hatte es sich der Mayer Biasch mit der CSU endgültig verschissen.

In Zeiten, da ein bekennender Schwuler Außenminister ist, mag dies merkwürdig erscheinen, damals aber war ein niederbayerischer Landrat, der als Geschiedener eine geschiedene Frau heiratete, ein echter Skandal.

Da der Biasch wegen des Subventionsschwindels bei der nächsten Landratswahl nicht mehr antreten durfte, kandidierte also seine neue Frau Bruni. Die Mayer Bruni galt damals als ein rechtes Trutscherl [2], sie selbst sah das wohl ähnlich, denn zwanzig Jahre später meinte sie in einem Interview: "Von Verwaltung hatte ich keine Ahnung. Ich war mit Leib und Seele Hausfrau."

Gestört hat das damals aber keinen, denn allen war klar, daß sie nur die Strohfrau sein würde, während im Hintergrund weiterhin der offiziell geächtete Mayer Biasch die Fäden ziehen würde.

Das war natürlich ein hinterfotziger Trick, aber der Niederbayer (mich eingeschlossen) liebt hinterfotzige Tricks, wenn sie nur hinterfotzig genug sind. Hinterfotzig genug sind sie dann, wenn jeder sehen kann, was läuft, aber keiner was dagegen machen kann.

Bruni Mayer trat also für die neugegründete Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) zur Wahl an und sie klatschte den CSU-Kandidaten regelrecht an die Wand. So nachhaltig war die Blamage, daß die CSU seither keinen eigenen Landratskandidaten mehr im Kreis Rottal-Inn aufgestellt hat.

Moralische Bedenken, daß sie mit ihrer Wahlentscheidung die finsteren Ränkespiele eines Betrügers noch nachträglich honorierten, hatten die Rottaler nicht. "Freilich hat er beschissen", sagten sie, "aber er hat das Geld doch nicht in die eigene Tasche geschwindelt. Wir haben jetzt eine weitere Intensivstation, das ist doch keine schlechte Sache. Wenn so etwas vorne rum nicht geht, dann muß man es sich halt hintenrum ertricksen. Solche Leut wie den Mayer Biasch bräucht's mehr."

So sind's, die Rottaler, rabenschwarz bis in die tiefsten Abgründe ihrer Seele hinein. Aber schwarz ist natürlich auch die Farbe der Anarchie.

Aus der Tatsache, daß die Mayer Bruni ihren Job inzwischen schon 23 Jahre lang macht, mag man schließen, daß sie inzwischen das Handwerk eines Landrats verdammt gut erlernt hat.

Und so schlimm kann es mit dem Trutscherltum schon damals nicht gewesen sein. Bei Amtsantritt ist sie nämlich im Landratsamt Pfarrkirchen von Zimmer zu Zimmer gegangen und hat gesagt: "Also, ich bin jetzt die neue Chefin, aber ich sag Ihnen gleich, ich kann das nicht, was Sie können. Ich bitte Sie daher von ganzem Herzen um Ihre Unterstützung. Bitte lassen Sie mich nicht im Stich!"

Um so was zu sagen braucht es sehr, sehr viel persönliche Souveränität. Einer, der sich so unverblümt als Depp darstellt, der ist keiner.



[1] Deren es, meinen viele, zu wenig gibt, während anderen wiederum schon die eine an der Spitze mehr als genug ist.

[2] Ein "Trutscherl" ist eine weibliche Person von sehr begrenzter Kompetenz, sei es allgemein, sei es auf einem bestimmten Gebiet.

Donnerstag, 5. August 2010

Raiffeisenbank schrill und Hochwasser eingeflascht


Ich weiß, ich bin ein bisserl spät dran mit diesem Beitrag, die Sache hat sich längst erledigt. Es ist - dies zu meiner Entschuldigung - so, daß ich dieses Bild (1) schlicht vergessen hatte und erst jetzt beim Aufräumen der Ordner auf meiner Festplatte wieder drauf gestoßen bin.

Nun ist dies Bild aber in all seiner biederen Schrillheit (2) so wunderschön, daß ich es der internationalen Netzgemeinde nicht vorenthalten möchte. Das ist doch mal was anderes als der ewig-grauschwarze Banker-Einheitsdress, den man sonst aufs Auge gedrückt bekommt.

Und weil ich grad bei Passau bin, kann ich auch gleich Reklame machen für ein Produkt, das garantiert keiner braucht, dennoch aber viele kaufen werden, wenn sie nur erst mal davon wissen. Berliner Luft in Dosen gab's ja wohl schon mal, aber so ein patentiertes Hochwasser in einer Bügelflasche ist doch eine viel solidere Sache.

Wer jetzt Appetit bekommen hat (Vorsicht! Kein Trinkwasser!), der kann sich hier näher informieren:

http://www.hochwasser-passau.com/index.html

So ganz rasend professionell ist das Management noch nicht, auf der Website hat die Firmeninhaberin vergessen, Preise zu nennen. Aber das kommt sicher noch.


[1] Aus der "Passauer Woche", dem regionalen Anzeigenblatt.

[2] Wahlweise auch "schrillen Biederkeit".

Mittwoch, 4. August 2010

"Der Kommissar" als loser Bursche

Beim Gucken alter Filme erlebst du so manche Überraschung. Nimm nur die Krimi-Serie "Der Kommissar" aus den sechziger/siebziger Jahren.

Daß der Kommissar raucht wie ein Schlot, war keine Überraschung, das wußte ich noch von früher. Erik Ode war Kettenraucher und hat sich ausbedungen, daß auch die Filmfigur Kommissar Keller ständig am Rauchen ist, damit er beim Drehen nicht ständig die Fluppe beim Requisiteur abgeben muß.

Aber du glaubst es nicht, wer da alles raucht und vor allem wo. Kommissar Keller raucht zuhause im Wohnzimmer und die - offensichtlich nicht rauchende - Gattin verliert darüber kein einziges, geschweige ein böses Wort. Er raucht im Büro, im Lokal, im Wagen, am Tatort. Wenn er Verdächtige oder Zeugen in deren Wohnung verhört, raucht er dazu eine Zigarette, der Verdächtige meistens auch.
In "Dr. Murkes Gesammeltes Schweigen" aus dem Jahre 1964 zündet sich Dieter Hildebrandt als Dr. Murke im Paternoster des Funkhauses ganz selbstverständlich eine Zigarette an. Täte er das heute so entfachte er einen mittleren Aufstand oder provozierte zumindest einen Schreikrampf.

Und dann der Alkohol!
Wenn dem Kommissar bei einem Verhör im Hause des Verdächtigen ein Glas Wein oder Schnaps angeboten wird, dann antwortet er nicht mit der mittlerweile aus Krimis sattsam bekannten Floskel "Nein, danke. Ich bin im Dienst", sondern er nimmt das Angebot freudig an. "Rehbeinchen, bring mir bitte ein Glas Wein" sagt er beim Betreten seines Büros zur Sekretärin. Wahlweise darf es auch ein Cognac sein oder, vor allem bei Verhören in einem Lokal, Bier.

Es war eine verlotterte Zeit.

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siehe auch: http://derfranzehatgsagt.blogspot.com/2010/02/tatort-zeitreise.html

Montag, 2. August 2010

Der Wettlauf zwischen Satire und Wirklichkeit

Daß der Abonnent einer Zeitung aus Verärgerung über einen in dieser Zeitung erschienen Artikel sein Abo kündigt, damit muß eine Zeitung leben. Der umgekehrte Fall ist dagegen in seiner Absurdität eher etwas für Comedy und Cartoon. Gerhard Seyfried hat die Situation in dieser Zeichnung aus den frühen achtziger oder späten siebziger Jahren sehr witzig dargestellt.
Womit Seyfried nicht rechnete war die FAZ, die einige Zeit nach dem Erscheinen der Zeichnung den Ehrgeiz hatte, die Satire in der Wirklichkeit einzuholen.
1984 hatte ein Druckerstreik die FAZ zeitweise lahmgelegt, Notausgaben wurden mit dem Hubschrauber ausgeflogen. Nach dem Streik schrieb der damals schon ehemalige Intendant des Norddeutschen Rundfunks Martin Neuffer einen Brief an die Redaktion, in dem er die doch "ganz ordentliche Zeitung" aufforderte, nach den großen Streiktönen "wieder auf den Teppich zu kommen" und die pathetisch "wogenden Brü­ste" ruhigzustellen.
Der Verlag war not amused, die Geschäftsführung schrieb zurück: "Wir sind nicht be­sonders empfindlich, aber Ihr selbstgerechter und auch unhöflicher Brief mißfällt uns, zumal er jeglichen Respekt vermissen läßt, auf den wir Anspruch haben. Über die Frankfurter Allge­meine Zeitung sollen Sie sich nicht mehr ärgern. Wir kün­digen deshalb den Abonne­mentsvertrag zum 31. Jul 1984."

Mittwoch, 28. Juli 2010

Kontinuität

Unserer Zeit sagt man gerne nach, sie sei schnellebig und oberflächlich. Nichts hätte lange Bestand, alles was entstünde wäre es nicht nur wert, daß es zugrunde gehe, es gehe auch tatsächlich ziemlich schnell zugrunde.

Am Sonntag bin ich beim Abspülen zufällig in eine Sendung des Deutschlandfunks zur Eröffnung der diesjährigen Bayreuther Festspiele geraten, interviewt wurde gerade der Hausmeister des Festspielhauses. Anschließend erfuhr ich, Norbert Kessler sei erst der fünfte Hausmeister auf dem Grünen Hügel seit den ersten Festspielen im August 1876.
Ich war verblüfft, rechnete nach und kam auf eine durchschnittliche Amtsdauer von 27 Jahren.

Gut, wirst du sagen, die Queen ist schon viel länger im Amt, was soll man sich also über einen Hausmeister aufregen. Schon, antworte ich, aber eine Queen braucht heutzutage keine sonderliche Ausbildung mehr, die Rede zur Parlamentseröffnung kann sie auch in einem Alter weit jenseits der Pensionsgrenze vom Blatt abnudeln: "Hört mal, Leute, der Cameron, wo jetzt neuer Premier ist, hat mir aufgeschrieben, was ich euch jetzt vorlesen soll (Setzt die Lesebrille auf)."

Hausmeister in Bayreuth aber wird man nicht - denke ich mir jedenfalls - indem man auf eine Stellenanzeige antwortet. Bevor dort einer verantwortlicher Hausmeister wird muß er - und sei er auch bereits fortgeschrittenen Alters mit abgeschlossener Berufsausbildung und entsprechender Erfahrung - jahrelang als Lehrling mit dem amtierenden Hausmeister mitgeschlappt sein, muß sich von ihm in die Geheimnisse aller Winkel und Ecken einweihen lassen. Wenn dort der Hausmeister ein Brett abschraubt, weil es ihm unsinnig und hinderlich erscheint, dann wundert sich hinterher Joachim Kaiser, wieso dieses Jahr das Orchester so merkwürdig saftlos klingt (der Beckenbauer wundert sich nicht, der hört so was nicht).

Fällt ein Dirigent oder Sänger kurzfristig für die Festspiele aus, dann ist das zwar ungemein lästig für die Intendanz, aber man findet immer eine Lösung. Wagnersänger und -dirigenten gibt es zwar nicht grad zum Schweinefüttern, aber es gibt hinreichend viele, die auch in die tiefsten Geheimnisse Wagnerschen Wirkens eingeweiht sind und damit die entstandene Lücke ausfüllen können, notfalls muß man sie halt aus Japan oder München einfliegen lassen.
Jetzt finde aber mal einen Ersatz, wenn der Hausmeister kurz vor oder gar während der Festspiele ausfällt, weil ihn die Sommergrippe erwischt hat...

Mittwoch, 21. Juli 2010

Papst treibt Teufel aus

Das folgende Bild aus der Website von BR-Online vom 19. 4. 2005 ist so schön, daß ich es euch nicht vorenthalten möchte.Drauf aufmerksam gemacht wurde ich von Helmut Richter, das Bild stammt von der Website von Dirk Babig: http://dirk.babig.de/uploads/shots/feind_geht.gif
Dank ihnen beiden.

Montag, 19. Juli 2010

Sprache und Gott

Aus einem gewöhnlich gut informierten Kreis (Moses) verlautete, es habe Gott die Zweit- und Drittsprachen erfunden, weil er wegen eines Hochbauprojekts ohne Genehmigungsverfahren stinkegrantig war. Im Vollrausch und weil die Westfranken ihn beständig "Lui" nannten habe Gott dann die französische Sprache erfunden und die davon Befallenen dazu verdammt, zwei, drei, vier, fünf Buchstaben zu schreiben, wo einer gereicht hätte. Der Fluch werde erst dann von ihnen genommen, wenn sie sich entschlössen, "djö" mit drei Buchstaben zu schreiben.

Dies war ein Auszug aus meiner Anfängervorlesung "Religionsgeschichtliche Aspekte der Linguistik". Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten. Während der Vorlesung wird von polyglotten, barbusigen Tempelhuren Wein ausgeschenkt.

Mittwoch, 14. Juli 2010

Ob Tiere lügen?

In dem Buch "'Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort!' - Die Weltgeschichte der Lüge" von Traudl Bünger und Roger Willemsen fand ich den Satz:
"Zur Lüge gehört vielleicht Bewußtsein, und schärfer noch: Planung. Setzen wir das voraus, sind wir die einzigen möglichen Lügner."

Jahre zuvor hatte ich in "Wörterbuch der Lebenskunst(-griffe)" von Janosch eine ähnliche Anmerkung gelesen:
"Wahrscheinlich gäbe es weniger Unheil auf der Welt, wäre dem Menschen nicht das Wort gegeben. Mit dem er lügt. Und verdreht. Ein Hund kann gar nicht lügen."

Dazu eine Beobachtung von mir:

Vor einigen Jahren - wir lebten noch in Italien - hatten wir fünf Hunde. Manchmal schenkte uns der Metzger von Castellabate Innereien und Knochen für sie. Einige dieser Knochen waren so groß, daß sie sich mit den normalen Haushaltswerkzeugen nicht zerteilen ließen.

Eines Tages hatten wir vier schöne, große Knochen für fünf Hunde. Lola hat das Rennen um den Knabbernachtisch verloren, sie geht leer aus.

Vier Hunde liegen also auf der Terrasse im Schatten und knabbern an ihren Knochen, Lola schaut zu, frustriert. Sie ist der kleinste Hund, keine Chance also, sich ein Stück doch noch mit Gewalt zu sichern. Mit einem Mal springt Lola auf, bellend. Sie läuft zum Zaun, an dem die Straße entlang führt, weiter bellend.

Nach meinem Dafürhalten ist auf der Straße nichts Bemerkenswertes zu erkennen, auch wenn ich mich in die Gemütslage und Bedürfnisstruktur eines Hundes versetze, finde ich nichts, was ein Bellen erklären könnte.

Das Bellen läßt die anderen vier Hunde aufmerken, wenige Sekunden hören sie dem Gebell zu, dann springen auch sie auf, um mitzubellen, wo es anscheinend was zu bellen gibt. Am Zaun angekommen, schauen sie nach dem Grund von Lolas Empörung, es geht ihnen ähnlich wie mir, sie finden nichts Rechtes. Bellen aber dennoch - man weiß nie.

Lola indes hat sich in die andere Richtung abgesetzt, sie ist um das Haus herum gelaufen und nun bei den verwaisten Knochen angelangt.

Als die anderen vier Hunde beschließen, daß es doch nichts (mehr) zu bellen gibt und sich zu ihrem Nachtisch zurückbegeben, fehlt einer der Knochen, der größte.

Lola fehlt auch.

Sie ist im ziemlich großen und sehr unübersichtlichen Garten verschwunden, mit dem Knochen im Maul.

Ich versuche, mir den Vorfall zu erklären. Mit Instinkt und herausgemendelten automatischen Verhaltensmustern komme ich nicht weiter. Es bleibt als Erklärung: Lüge.

Lola, das raffinierte Luder, hat die anderen, etwas einfältigeren Hunde schlicht gelinkt. Sie hat ihnen, ganz ohne Worte, eine Lügengeschichte erzählt, um selbst von dieser Lüge zu profitieren.

Zur Lola fällt mir noch ein, daß sie einmal, als ich zum Gartentor ging, neben dem Tor stand und in die andere Richtung blickte, so als würde sie das gleich fällige Öffnen des Tores überhaupt nicht interessieren. Ich glaube, wenn sie pfeifen hätte können, dann hätte sie jetzt unschuldig gepfiffen: "Achte gar nicht auf mich, mich interessiert das Tor überhaupt nicht". Kaum war das Tor offen, hat sie sich blitzschnell umgedreht und war draußen. Und das Luder war unglaublich schnell.