Dienstag, 29. Dezember 2009

Big Brother is fucking you

Ab Januar 2010 wird der Sender ProSieben eine - hüstel - "Dokumentar-Serie" mit dem Titel "50 pro Semester" ausstrahlen. Fünf Studenten schließen darin eine Wette gegeneinander ab: Wer schafft es, in einem Semester 50 Männer oder Frauen ins Bett zu bekommen?
Daß sich endlich mal einer um die Bildung kümmert.
Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) dagegen ist empört: „Es ist eine verheerende Botschaft an alle Zuschauer, wenn Frauen und Männer in einer Art moderner ‚Kopfgeldjagd‘ zu Sexobjekten degradiert werden“, sagte sie. Und Walburga Wieland, Diözesanvorsitzende des Katholischen Frauenbunds Passau schließt sich ihr an. Sie beklagt die "Verachtung jeglicher Werte" und schimpft über das "Perverse, das da auf den Privatsendern passiert, noch dazu am Nachmittag".

Frau Wieland sei daran erinnert, daß es in den achtziger Jahren linke Parteien (ich rechne jetzt mal die SPD großzügig dazu) und Gruppierungen waren, die gegen die Einführung des Privatfernsehens waren. Das Niveau werde verflacht und wir würden mit Dreck überschüttet, warnten sie und zeigten auf Italien, wo es damals das Privatfernsehen schon länger gab. Es waren die konservativen Kräfte, die damals das Privatfernsehen gegen alle Widerstände durchdrückten. Wenn man so will, dann ist die jetzt kritisierte Sendung ein Geschenk von Helmut Kohl an die Deutschen.

Montag, 21. Dezember 2009

Ökumenische Eintracht

"Rottaler Anzeiger", 19. 12. 2009

Der katholische und der evangelische Gemeindepfarrer von Arnstorf beim Synchronsegnen.

Freitag, 18. Dezember 2009

Dich preise ich, Zensur

Als die Schriftstellervereinigung "Gruppe '47" 1967 zum letzten Mal tagte, wurden die anwesenden Autoren von einem Sprechchor des SDS mit Hohn und Spott überschüttet: "Dichter! Dichter! Die Gruppe 47 ist ein Papiertiger". Gemeint war damit, alle literarische Kritik an der Gesellschaft bleibe auf dem Papier und werde nicht zur gesellschaftsverändernden Praxis.
1968 erschien das berühmte "Kursbuch 15", in dem Hans Magnus Enzensberger schrieb: "Heute liegt die politische Harmlosigkeit aller literarischen, ja aller künstlerischen Erzeugnisse überhaupt offen zutage. [...] der Dichter steht hoch im Kurs, aber er hat nichts zu melden."
Literatur, im Grunde jegliche Kunst, wäre demnach weiter nichts als Trallala, harmlos unverbindliches Spiel.

Fast 40 Jahre später stellte im Usenet in der Theatergruppe einer die Frage: "Was ist Theater?" und erhielt von einem anderen die Antwort: "Ein Spiegel, der Hofnarr an den Höfen der Mächtigen und Bürger".
So sind's, die Künstler. Sie debattieren darüber, ob Kunst Wirkungen auf die Welt habe und neigen dazu, dies zu verneinen; Kunst, sagen sie, bewirke nichts. Sie zaubere eine Scheinwirklichkeit herbei, in der es sich gefahrlos leben lasse.
Da schreibst du ein flammendes Gedicht, da hampelst du auf der Bühne rum in einem erleuchtenden Stück und das Publikum lacht sich tot, verläßt unverändert das Theater, während die Mächtigen ungerührt ihren Geschäften nachgehen.

Die wirklich Mächtigen wissen, daß dies Unfug ist und sie haben deshalb die Zensur erfunden.
Zensur wird angeordnet von Leuten, die wissen, was Macht ist, denn sie sind an ihr. Sie haben Gewehre und Kanonen und sperren Leute ein, weil sie Angst haben vor Worten.
Im Rumänien Ceausescus mußte jeder, der eine Schreibmaschine besaß, diese registrieren lassen. Er mußte eine Schriftprobe dieser Maschine bei der Polizeibehörde hinterlegen, damit man sie gegebenenfalls anhand des Schriftbildes würde identifizieren können. Auch war der Besitz einer Schreibmaschine nicht selbstverständliches Recht eines jeden Bürgers, dieses Recht konnte auch wieder entzogen werden.
Für eine Schreibmaschine brauchtest du dort und damals eine Lizenz, eine Art Waffenschein.
Die Leute, die da Angst hatten vor dem Wort, das waren keine alten Jungfern, die erbleichen, wenn sie so grauenhafte Wörter wie "Arsch" oder "Scheiße" hören. Das waren knallharte Burschen. Leute, die über ein Land herrschten, die Macht hatten, die diese Macht genossen und ihre Macht behalten wollten. Und die jeden, der ihre Macht bedrohte, ins Gefängnis werfen ließen, ihn womöglich umbrachten.
Diese Leute fürchten sich vor einer Schreibmaschine als wäre es ein Gewehr.

Kann es ein schöneres Kompliment für die Kunst geben als die Zensur?
Was meinst du? Es müßte mit dem Deibel zugehen, sagst du, wenn es kein schöneres Kompliment für Kunst gebe. Du hast recht, freilich gibt's schönere Komplimente, kaum aber beweiskräftigere.

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Dem Regisseur ist nichts zu schwör

Unter diesem Titel habe ich jetzt meine hier veröffentlichten Anmerkungen zur Regietheater-Debatte zu einem einzigen Artikel zusammengefaßt.
Wer sich dafür interessiert findet den Artikel auf meiner Website.

Anmerkung für die ganz Peniblen: Wer sich nicht dafür interessiert, fände den Artikel dort auch, wenn er sich dafür interessierte.