Samstag, 28. Februar 2009

Wett- und Kübelsaufen

Der Wirt einer Regenstaufer Diskothek bot einst im Rahmen einer Ballermann-Party seiner verwöhnten Kundschaft als besondere Attraktion ein "Sangria-Wett- und Kübelsaufen" an, bei dem - nicht nur von den Künstlern auf der Bühne, sondern auch vom Publikum - noch mehr Alkohol geschluckt werden soll, als in einer normalen Samstagnacht eh schon üblich.

Die Polizei, juristisch machtlos gegen diese Veranstaltung, kündigte daraufhin an, sie werde die Sauf-Arena mit Alkomaten einkesseln, d. h. jeder Gast, der sich in dieser Nacht mit dem Auto auf den Heimweg macht, geht ein deutlich höheres Risiko als sonst ein, seinen Führerschein wegen Alkohol zu verlieren.

Der Wirt, der seine Gäste und ihre Trink- und Fahrgewohnheiten nur zu gut kennt, war von der polizeilichen Drohung so beeindruckt, daß er prompt einlenkte und sein Programm änderte (1). "Wenn Ihr meine Gäste zwingt, die Gesetze einzuhalten", will der Wirt damit der Polizei sagen, "dann bin ich ruiniert. Dann kommt mir keiner mehr."

Was nichts anderes heißt als: eine bestimmte Art von Freizeitverhalten - in Lokalen rumhängen und sich Alkohol ins Hirn zu kippen - ist untrennbar ver­bunden mit dem Fahren unter Alkoholeinfluß; das eine ist ohne das andere nicht denkbar. Und: Diese Promillefahrten finden - Wochenende für Wochen­ende, Tag für Tag - vorsätzlich statt, sind wohlüberlegt. Sie sind so prä­zise kalkulierbar, daß der Wirt seine Programmgestaltung von der Möglichkeit (oder Unmöglichkeit) dieser Promillefahrten abhängig macht. Woraus sich wie­derum zwanglos ergibt, daß es nicht etwa eine (kleine, gar verschwindend kleine) Minderheit der Schluckspechte ist, die regelmäßig betrunken heim­fährt, sondern die deutliche Mehrheit. Zumindest sind es so viele, daß ohne sie (und ihren Alkoholkonsum) die Kalkulation des Wirtes zusammenbricht.

Weil wir gerade dabei sind: in derselben Nummer der "Mittelbayerischen Zeitung", in der über diesen Vorfall berichtet wurde, fand ich eine Anzeige, in der die Discothek D1 in Martinsneukirchen die Kundschaft mit fol­genden Worten zur - haha! - Alkoholikerparty einlädt: "Eintritt 25,00 DM, Getränke frei, außer Spirituosen".
Aus dieser Preisgestaltung läßt sich schließen, daß sich die Gäste von Wirtin Elvira mit Bier und Wein oder gar Cola gar nicht lang aufzuhalten pflegen, sondern ganz schnell zum Schnaps übergehen. Eine Bande von Biertrinkern, die überfallartig in's D1 einfiele und sich dort einen Rausch ansöffe, hätte die arme Elvira bald bankrott gesoffen.

Prost!

[1] Das "Wett- und Kübelsaufen" sollte zum "Geschicklichkeitstrinken" werden: Der Saufartist muß im Handstand mit dem Strohhalm ein 0,1 l-Glas Sangria möglichst schnell austrinken.

Anstand

Der Franze hat gsagt, es gibt auch anständige Männer. Er kennt zwar keinen, sagt er, aber er glaubts.

Krönung

Es staunten selbst die Prunkverwöhnten,
Als sieben Päpste Kortzfleysch krönten.

Rauchen aufhören? Schon, aber...

Jetzt mal ernsthaft: Rauchst du noch? Du willst aufhören, aber du schaffst es nicht, weil die Entzugserscheinungen dich beuteln wie nur was?

Ich glaub, ich hab da was, das funktionieren könnte.
Im zarten Alter von 26 Jahren hatte ich beschlossen, mit dem Rauchen aufzuhören. Mehrere Versuche mit der Methode "Eiserner Wille" hatten nicht funktioniert, weil nach spätestens drei Tagen die Entzugserscheinungen einfach nicht mehr lustig waren. Die Versuche, so schön allmählich die Anzahl der täglichen Zigaretten zu reduzieren, endeten im Fiasko. Du gestehst dir fünf Zigaretten am Tag zu und bist guter Dinge, denn fünf pro Tag sind immer noch besser als gar nichts. Am fünften Tage aber stellst du fest, daß du die fünfte Zigarette schon um drei Uhr nachmittags geraucht hast. Am Abend, nach des Tages Mühen noch ein Zigarettlein aber wäre eine feine Sache. Und was soll es auch, sechs Zigaretten statt fünf, das spielt ja keine Rolle. Oder auch sieben... Vergiß diese Methode, da mußt du ständig auf dich aufpassen. Wenn du das könntest, dann hätte die Methode "Eiserner Wille" auch schon funktioniert.
Als seinerzeit die Reemtsma Nr. 1 aufkam, mit nur noch 0,1 mg Nikotin, hatte ich mir neugierhalber eine Schachtel gekauft. Dabei stellte ich fest, daß die fast genau stark und herb schmeckten wie die Roth-Händle. Um zu testen, ob das bloß Einbildung war, habe ich die Dinger aus der Packung genommen, sie ins neutrale Etui getan und verschiedenen Leuten angeboten. Als ich anschließend fragte, welche Marke das gewesen sein könnte, tippten viele auf Roth-Händle Filter. Einige rauchten die Zigarette gar nicht zu Ende, weil sie ihnen zu stark war.
Also bin ich von Roth-Händle auf Reemtsa Nr. 1 umgestiegen um auszusteigen. Der Effekt war gespenstisch. Du rauchst eine Zigarette und dann wieder eine und noch eine und während du rauchst und inhalierst bekommst du allmählich Entzugserscheinungen. Noch nicht mal eine Steigerung der Menge brachte was, immerhin hätte ich fast eine Schachtel rauchen müssen, um den Nikotingehalt einer einzigen Roth-Händle zu haben.
Und dann bescherte mir dieser gescheiterte Versuch eine Idee. Könnte man nicht, so dachte ich bei mir, den Entzugsschock in lauter kleine, winzigkleine Entzugsschöckchen zerlegen? Also nicht mit einem kühnen Sprung von 20 Roth-Händle am Tag auf Nullniveau herabspringen, sondern schön gemächlich die Treppe herabsteigen.
Ich schaute mir die Nikotinwerte der einzelnen Marken genauer an und machte mir einen Stufenplan [1]. Von Roth-Händle (ohne Filter, natürlich) stieg ich nun auf Reval (ohne Filter, klar) um. Das ist nicht dasselbe, aber doch...
Nachdem ich mich auf Reval gut eingepegelt hatte, was etwa 2 Wochen gedauert hat, stieg ich auf Camel-Filter um. Das war nicht ganz so einfach, aber nach zwei, drei Wochen war ich auch hier zufrieden. Und so ging das weiter, von Marke zu Marke immer um 0,1 mg Nikotin weniger. Und ich bin - das war ganz wichtig - immer solange auf einer Stufe geblieben, bis ich mich dort wohlzufühlen begann. Bis wieder hin zur Nr. 1 von Reemtsma, einer Marke, die sich damals "nikotinfrei" nennen durfte. Das war sie zwar nicht, aber sie enthielt nur noch schlappe 0,1 mg Nikotin pro Zigarette. Gegenüber den 1,4 oder 1,5 mg der Roth-Händles war das nichts.
Auf die Steigerung der Tagesration hatte ich bei meinem Weg abwärts dabei nicht zu achten brauchen, bei derart kleinen Unterschieden im Nikotingehalt steigert man nicht automatisch die Menge, wie das bei abruptem Markenwechsel von Roth-Händle auf Lord Extra der Fall gewesen wäre.

Einmal auf Nr. 1-Niveau war das völlige Aufhören dann gar nicht mehr tragisch. Das war kein Nikotinentzug mehr, sondern nur noch der gelassene Abschied von einer liebgewonnenen, manchmal aber auch lästigen Gewohnheit.

So also wurde ich zum Nichtraucher. Und blieb dies sieben Jahre. Bis...

Dies aber, liebe Kinder, ist eine andere Geschichte. Wenn ihr brav seid, erzähle ich sie euch eines Tages.


[1] Eine aktuelle Liste mit den in Deutschland gängigen Marken und ihrem jeweiligen Nikotingehalt ist unter diesem Link zu finden.

Freitag, 27. Februar 2009

Gravitationstoilette

Eine Erfindung, die irrtümlicherweise Isaac Newton zugeschrieben wird, aber bereits im frühen Mittelalter unter dem Namen Plumpsklo urkundlich belegt ist.

Donnerstag, 26. Februar 2009

Gandolf von Loichingen

Der Minnesänger des Frühmittelalters ist selbst unter Germanisten nur wenig bekannt. Zu sehr steht er im Schatten des späteren Walter von der Vogelweide, zu sehr hat die Nachwelt in Gandolf von Loichingen nur den oberflächlichen Sänger des leichten Vergnügens hochadeliger Kreise gesehen. Diese Sicht verkennt, welch große Rolle auch die Sozialkritik bei Gandolf spielt. Man beachte nur sein "Kaiser-Kaiser", das beim ersten Hinhören nichts weiter zu sein scheint als ein schmissiges Tanzlied:
Auf der Kaiserpfalz nachts um halb zwei,
Ob du Kaiser bist oder Lakai,
Amüsierst du dich
Nicht mal königlich
Auf der Kaiserpfalz nachts um halb zwei.
Aus jeder Zeile des Liedes spürt man die bittere Enttäuschung des Dichters über das Nachtleben in den damaligen Kaiserpfalzen. Klar: Gandolf hatte bei seinem über dreijährigen Studienaufenthalt im Italien ganz andere Qualitäten des Amüsements kennengelernt.

Mittwoch, 25. Februar 2009

Verdammte Philosophie

Der Franze hat gsagt, er glaubt nicht an Philosophie. Einer, sagt er, hat ihm mal das Ding an sich verkauft, aber es hat nicht funktioniert.

Wo die Liebe hinfällt....

Dienstag, 24. Februar 2009

Verteilerfinger

Bis eben noch war die Welt für mich so leidlich in Ordnung. Bis eben dachte ich, das Wort "Verteilerfinger" gäbe es nicht, es sei lediglich auf einen Hörfehler meinerseits zurückzuführen. Weil nämlich...

Irgendwann nämlich, lang ist's her, hörte ich mal im Radio - einmal nur, aber doch - ein Liedl, in dem wo ein Sänger ständig von "Vatteila, vatteila fingaa" sang. Hihi, dachte ich bei mir, das hört sich an wie das deutsche Wort "Verteilerfinger", was es aber - gottlob! - nicht geben tut, weil was wär denn ein Verteilerfinger?

Nun aber googelte ich und fand, daß es für Verteilerfinger 29.000 (!) Nennungen gibt. Kurzes Suchen machte mich mit dem Umstand vertraut, daß in den späten Siebziger, frühen Achtzigern eine Band namens "Schulzke's Skandal Trupp" (so die offizielle Schreibweise) eine LP (sowas gab's damals noch, liebe Kinder) mit dem Titel "Verteilerfinger" herausgebracht hatte.

Nicht, daß meine Mitteilung wichtig wäre, ich wollte sie halt nur mal gemacht haben, weil es doch heut eh wurscht ist. Nö.

Untrennbar


Anfang der achtziger Jah­re war in einer Lüneburger Zeitung dieses Bild samt merkwür­diger Unterschrift zu sehen.

Genaugenommen sind natürlich weder das Bild noch die Unterschrift merkwürdig. Sehr merkwürdig allerdings wird es, wenn man weiß, daß das Bild einen Artikel illustrierte, in dem es darum ging, daß die Lüneburger Saline nunmehr - nach eben über 1000 Jahren - wegen Unrentabilität geschlossen wird.

Unter dem Motto der untrennbaren Verbundenheit berichtet die Zeitung darüber, daß Lüneburgs Verbindung mit der Saline nicht nur doch trennbar ist, sondern demnächst auch tatsächlich getrennt wird.

Weiß Gott, wieviel hundert Jahre lang Lüneburger Festredner bei weiß Gott welchen Gelegenheiten die Worthülse von der untrennbaren Verbindung von Stadt und Saline schon verwendet haben. So oft jedenfalls, daß der Zeitungsredakteur die Unsterblichkeit der Verbindung auch dann noch betont, wenn er von deren Tod berichtet.

Verrückt

- Du?
- Ja.
- Ich glaube, ich werde allmählich wahnsinnig.
- Ach?
- Ja, wirklich. Ich entdecke an mir alle Anzeichen für Schizophrenie.
- Unfug! Du bist ja verrückt.

Montag, 23. Februar 2009

Heine als "allejorische Fijur, so ne Art Joethe"

Wer an Heinrich Heine denkt, denkt an Düsseldorf, an Norddeutschland, Italien und - natürlich - Paris. Es ist relativ wenig bekannt, daß Heine sich mehr als ein halbes Jahr in München aufhielt.
Der Verleger Cotta hatte ihm 1827 angeboten, die Redaktion der "Neuen allgemeinen politischen Annalen" zu übernehmen, die in München erscheinen sollten. Wichtiger für Heine aber war der Umstand, daß ihm mehr als nur vage Hoffnungen gemacht wurden, er könnte in München eine Stelle als Außerordentlicher Professor für Literatur bekommen.
Heine war an dieser Anstellung sehr viel gelegen. Er - damals 30 Jahre alt - suchte mit großem Eifer ein festes Einkommen und einen Ort, an dem er sich dauerhaft niederlassen könnte. Um dies Ziel zu erreichen, war er sogar bereit (wie er später unumwunden einräumte), Zunge und Feder im Zaum zu halten. Der Innenminister Eduard von Schenk, wie Heine aus Düsseldorf stammend, wie Heine ein Dichter (allerdings von angeblich sehr zweifelhafter Qualität), setzte sich für Heine bei König Ludwig I. ein. So schrieb er in einem Brief vom 28. 7. 1828:
"Ich nehme mir die ehrerbietigste Freiheit, unter den vielen Ministerialanträgen, welche Eure Majestät in diesen beiden letzten Tagen vorgelegt wurden, Allerhöchstderselben vorzüglich zwei zu Allergnädigster Berücksichtigung untertänigst zu empfehlen, insbesondere das Anstellungsgesuch des Dr. Heinrich Heine als Außerordentlichen Professor an der hiesigen Universität.
In den Schriften des letzteren waltet ein wahrer Genius, sie haben das größte Aufsehen in ganz Deutschland erregt. Einige Auswüchse und Verirrungen befanden sich in den Jugendwerken aller unserer großen Schriftsteller. Mehrern wahrhaft genialen Menschen in unserem teutschen Vaterlande hat am Anfang nur eine wohltätige Fürstenhand gefehlt, die sie in Schutz und zugleich in Pflege nahm, ihre guten Eigenschaften aufmunterte und ihre Mängel und Verirrungen väterlich zurechtzuweisen suchte.

Dr. Heine bedarf auch einer solchen Hand und ich bin überzeugt, daß er, wenn ihn Eure Majestät allerhöchst Ihres Schutzes würdigen, einer unserer ausgezeichnetsten Schriftsteller werden wird."
Ein interessantes Gedankenspiel, sich auszumalen, wie Heine sich entwickelt hätte, hätte er damals den ersehnten Job als Professor bekommen. Was wäre gewesen, hätte er die "wohltätige Fürstenhand" gefunden, die ihn "in Schutz und zugleich in Pflege" genommen hätte, seine "guten Eigenschaften" aufgemuntert und seine "Mängel und Verirrungen väterlich" zurechtgewiesen hätte.
Wäre er eine Art Goethe geworden?
1830 schrieb Heine in den "Englischen Fragmenten":
"...meine Seele bebt, und es brennt mir im Auge, und das ist ein ungünstiger Zu­stand für einen Schriftsteller, der den Stoff beherrschen und hübsch objektiv bleiben soll, wie es die Kunstschule verlangt und wie es auch Goethe getan - er ist achtzig Jahr dabei alt ge­worden und Minister und wohlhabend - armes deutsches Volk! das ist dein größter Mann!"
Wir sollten Ludwig I. dankbar sein, daß er Heine die Professur verweigerte.
P. S.: Wer sich immer noch am Kopf kratzt und nicht draufkommt: Die Formulierung "allejorische Fijur, so ne Art Joethe" ist aus dem Roman "Der Maulkorb" von Heinrich Spoerl.

Donnerstag, 19. Februar 2009

Belügen

Gott, was war das seinerzeit für ein Gewese, als man F. J. Strauss dabei ertappt hatte, daß er in einer Erklärung vor dem Bundestag seine Rolle bei einem seiner zahlreichen Skandale sehr geschönt dargestellt hatte. Genauer: Er hatte den Bundestag nach Strich und Faden belogen.

"Belügen des Parlamentes" rief man und zeigte große Empörung. Man tat so, als sei das Belügen eines Parlamentes eine Sache von so unglaublicher Verworfenheit und Verruchtheit, daß man es kaum glauben könne. Dabei weiß jeder Depp, daß die Lüge das ganz normale Geschäft eines Politikers oder Geschäftsmannes ist. Du giltst nämlich andererseits - auch und gerade in diesen Kreisen - als Idiot, als kompletter, hirnloser Idiot, wenn du die Wahrheit auch dann sagst, wenn sie zu unangenehmen Konsequenzen für dich führt.

Sonntag, 15. Februar 2009

Elite und Greenhorns

Es gibt Leute, die sich zur Elite zählen. Manchem mag dies unglaublich klingen, ich weiß es aber aus sicherer Quelle.
Sinnvoll zur Elite zählen kann man sich nur, wenn man angibt, auf welchem Gebiet man Elite ist, sich also zur Spitze zählen darf:
* Geld
* Frühmittelalterliche Kunstgeschichte
* Auto reparieren
* Feldfrüchteanbau
Die Legende von der "Elite", also der Elite an sich, kommt daher, daß es Menschen gibt, die nur jene Fähigkeiten gelten lassen und hochschätzen, über die sie selber verfügen. Das sind zum Beispiel die einfältigen Indianer und Westmänner bei Karl May, die über Greenhorns aus dem Osten spotten, selber aber in einer Großstadt völlig hilflos gewesen wären. Das sind aber auch Musiker, die geringschätzig auf Leute herabsehen, die nichts oder wenig von Musik verstehen. Mit einem angeekelten "Kulturlos, das", rümpfen diese Leute ihre Nase.
Bei uns in Niederbayern war es so, daß man über abstrakte Malerei gelacht hat mit der Bemerkung: "Des soi Kunst sei? Des kunntat i aa." Das heißt, man äußert sich abfällig über Fertigkeiten, von denen man zumindest annimmt, (in diesem Fall wohl fälschlich), man würde sie auch beherrschen. Geschätzt werden dagegen Fähigkeiten, die man selber nicht hat. Es sind dies zwei verschiedene Sichten auf die Welt und die eigene Person. Die erstere, die elitäre, ist im Grunde bräsig und im eigenen Teller gefangen, letztere ist weltoffen und aufgeschlossen.
Und was die sog. "Moderne Kunst" betrifft: In den Fünfziger Jahren wetterte man maßlos gegen die moderne Kunst und wenn ein Dreijähriger stolz eine Zeichnung vorlegte, wurde sie gerne mit "Das sieht ja aus wie von Picasso" kommentiert.
Gleichzeitig schätzte man in den Fünfzigern - und ganz vor allem in den Fünfzigern - Tapeten und Vorhänge, deren Design (Dessin sagte man damals) an Paul Klee, Joan Mirò oder - ja, klar - Picasso erinnerten.

Schlaue Österreicher

Es gibt Kinder, die wundern sich über Fremdsprachen. Es ist doch sehr mühsam, denken sie, daß es sich die Engländer, die Italiener oder die Franzosen so schwer machten, daß sie zusätzlich zu der eigentlichen Sprache, auch noch Englisch, Italienisch oder Französisch lernen müßten.

Bei unseren Besuchen in Österreich habe ich mir über deren Sprache keine Gedanken gemacht, aber...

Österreicher, so dachte ich mir, müßten eigentlich furchtbar schlaue Leute sein. Wann immer sie beim Einkaufen den wirklichen Preis einer Ware abschätzen wollten, müßten sie erst den angegebenen Preis durch sieben teilen, damit sie Bescheid wüßten. Wenn aber, so dachte ich weiter, die Österreicher so schlau sind, wieso schreiben sie dann nicht von vornherein den richtigen Preis auf die Schilder?


Reflexion

Ich hab schon soviel reflektiert, daß ich unter die Strahlenschutzverordnung falle.

Schlaf

Der schönste Schlaf ist der nach dem Läuten des Weckers.

Samstag, 14. Februar 2009

Tempora mutantur et nos mutamur in illis

"Keine Atomwaffen für Westdeutschland und keine Abschußrampen für Atomraketen! Deutschland muß atomfrei bleiben! Deutschland weiß, was Trümmer und Ruinen bedeuten! Keiner von uns kann die Verant­wortung tragen, ja zu sagen ... Keine Macht der Welt, auch nicht die NATO, kann uns gegen unseren Willen dazu zwingen ... Es ist deshalb Zeit für die deutsche Politik, sich zu einer atomfreien Zone in Mitteleuropa zu bekennen."

Keine Frage, aus welchem Dunstkreis dieser flammende Appell stammt.

Keine Frage?

Es ist dies ein Auszug aus einem Kommentar der BILD-Zeitung vom 21. 11. 1958. Der polnische Außenminister Rapacki hatte damals vorgeschlagen, in der Bundesrepublik und in einem breiten Gürtel des Ostblocks auf Atomwaffen zu verzichten. Zum großen Kummer der BILD-Zeitung wurde dieser Vorschlag dann aber als kommunistische Demagogie, als hinterlistiger Anschlag der Roten auf die Freiheit entlarvt. "Tempora mutantur et nos mutamur in illis" ([1]), meinten damals die alten Römer.

Und: "Der Apel ist schon ein armer Hund: in den 50er Jahren ist er in die SPD eingetreten, weil er gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik war und heute ist er Verteidigungsminister", meinte einmal Willy Brandt.

Und schließlich: "Wer noch einmal ein Gewehr ergreift, dem soll die Hand verdorren", schrieb Ende der 40er Jahre der Schongauer Landrat und Lateinlehrer Franz Josef Strauß, ehe auch er vom schönen Beruf des Verteidigungsministers ergriffen wurde.

Tempora mutantur ... wie gesagt.



[1] Die Zeiten ändern sich und wir uns mit ihnen.

Denkverbote

Robert McNamara, der unter John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten war, als solcher den Vietnam-Krieg hocheskaliert hat, steht weit über jedem Verdacht, ein Pazifist, Kommunist, ein Liberaler oder sonst ein Lump zu sein.
Dieser über jeden Verdacht erhabene McNamara, der in den achtziger Jahren längst nicht mehr im Amt war, meinte damals, die Bevölkerung der Bundesrepublik davor warnen zu müssen, der gegenwärtigen nuklearen NATO-Strategie zu folgen. "Worüber sich die Westdeutschen klar werden müssen, das ist, daß ihr Kulturkreis völlig verwüstet werden wird, wenn sie sich weiter an die NATO-Strategie halten." Für den Fall eines konventionellen Angriffs der Sowjetunion auf Westeuropa gebe es keinen einzigen Plan zur nuklearen Vergeltung, der nicht eine hohe Wahrscheinlichkeit von Selbstmord in sich schlösse.
Der frühere Chef der Nationalen Sicherheitsbehörde der USA, Admiral Gayler, meinte in derselben Fernsehsendung, Europa sei zwar nuklear in kürzester Zeit zu zerstören, nicht aber zu verteidigen. Die westliche Drohung mit einer nuklearen Verteidigungsstrategie für Westeuropa sei "ein monströser Bluff". Merk-würdig, daß den Fachleuten des Sachzwanges die simpelsten Zusammenhänge erst dann klar werden, wenn sie nicht mehr im Amt sind.
Willy Brandt gestand einmal: Als er nicht mehr Bundeskanzler gewesen sei, habe er bemerkt, daß er sich früher - als er noch OCFJ der BRD (Oberster Chef fons Janze) war - Denkverbote auferlegt habe; daß er Gedanken, die ihn in Konflikt mit den - von außen herangetragenen -Erwartungen an sein Amt hätten bringen können, gar nicht erst gedacht habe, daß er solche störenden Ideen einfach ausgeblendet habe.
Das wird's wohl sein.
Glücklich gepriesen seien jene Politiker, die sich Gedanken gar nicht erst zu verbieten brauchen.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Otto

Otto ist nicht dumm, auch dann nicht, wenn er bereits ordentlich einen sitzen hat. Otto hat eine natürliche Begabung, die Schwachstellen von irgend was herauszufinden. Lassen Sie Otto ein Konversationslexikon durchblättern und er wird innnerhalb weniger Minuten die drei darin befindlichen Druckfehler finden. Ottos Blick auf Fehler ist von geradezu erschreckender Präzsision - außer bei denen, die ihn selbst betreffen und die er ändern könnte. Otto ist amtierender deutscher Meister im Verdrängen.

Nun können Sie sich vorstellen, daß es verdammt schwierig ist, wenn ein Mensch mit der Begabung geschlagen ist, nahezu alles erkennen zu können, außer das wirklich Wichtige.

Der Literaturkritiker Volker Buchholz

Das Tragische in Leben und Wirken des notorisch schlecht informierten Literaturkritikers Volker Buchholz besteht darin, daß Volker Buchholz ein ungemein intelligenter, ja brillanter Kopf ist, der aus gegebenen Tatsachen mit großer Sicherheit absolut richtige, manchmal sogar verblüffend zutreffende Schlußfolgerungen zu ziehen imstande ist. Da er jedoch, notorisch schlecht informiert, wie er ist, meistens von mehr oder weniger falschen Voraussetzungen ausgeht, sind seine Denkergebnisse, bei aller formalen Brillanz und logischen Stichhaltigkeit, in der Regel ziemlicher Unfug.

Nun gibt es Leute, die behaupten, daß gerade dies der Grundstock von Buchholzens Karriere sei und immer schon gewesen sei. Plattköpfe, wie es viele Leser und die meisten Kollegen von Buchholz sind, genössen es, mit ihrem Gestammel, wenn nicht in der Herleitung, so doch im Ergebnis, selbst einem so brillanten Kopf wie Volker Buchholz überlegen zu sein.

Befreiungshalle

Mit krampfhaft angespannter Blase lief ich von Kelheim hinauf zur Befreiungshalle. Dort angekommen, klärte man mich über meinen Irrtum auf.

Freitag, 6. Februar 2009

Die Dichter und der Ferdi-Onkel

"Holy! Holy! Holy! Holy! Holy! Holy! Holy! Holy! Holy!
Holy! Holy! Holy! Holy! Holy! Holy!
The world is holy! The soul is holy! The skin is holy!
The nose is holy! The tongue and cock and hand and asshole holy!
Everything is holy! everybody's holy! everywhere is holy! everyday is in eternity! Everyman's an angel!"

(usw. usf.)

ALLEN GINSBERG

Mein Großonkel Ferdinand hat immer gesagt, daß Dichter spinnen. Ich hab's ihm nie geglaubt und jetzt ist der Ferdi-Onkel tot und hat doch recht gehabt.

Über die Kunst mit Jägern zu vögeln

Es sei noch einmal betont, daß das Buch "Über die Kunst, mit Jägern zu vögeln" von Roxanne Hoax geschrieben wurde und nicht, wie vielfach behauptet, von Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen. Friedrich II. schrieb dagegen das Buch "Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen".

Hybris


Die Hybris sprach zum Neid:
"Wos mach ma nacha heit?"
Drauf sprach der Neid zur Hybris:
"Daß sich aber auch gar nichts auf Hybris reimt..."

Tragödie vs. Komödie

In der Newsgroup de.etc.sprache.deutsch empörte sich einer:

"Und noch etwas geht mir gewaltig gegen den Strich, nicht nur bei der Droste: Wieviele unschuldige Menschen manche Dichterlinge einfach umbringen, nur damit sie am Ende ihre Moral verkünden können."

Ich antwortete ihm:

Kunstleichen sind wohlfeil. Und wenn am Ende eines Stückes haufenweise Leichen auf der Bühne liegen, dann schützt dich dies vor dem Verdacht, ein Komödiendichter, also nicht ganz ernst zu nehmen zu sein.

Tragödien hinterlassen ihre Helden als Leichen, ansonsten aber eine wohlaufgeräumte Welt. Romeo und Julia sind tot, über ihren Leichen reichen sich die verfeindeten Familien die Hand. Ödipus ist geblendet und verzweifelt, aber die sittliche Weltordnung stimmt wieder.

Bei den Marx-Brothers dagegen wird die Welt auseinander genommen und keiner ist da, sie am Ende wieder zusammenzusetzen.

Abitur

Wenn du das wüßtest, was ich schon wieder vergessen habe, dann könntest du Abitur machen.

Zu viel ist zuviel

Seit vielen Jahren (wahrscheinlich noch aus den Siebzigern) habe ich folgenden Ausspruch in meiner Zitatsammlung (an vorderster Stelle, quasi als Motto) stehen:
Kein Geringerer als Leonardo da Vinci lehrt uns: "Wer immer nur Autoritäten zitiert macht zwar von seinem Gedächtnis Gebrauch, doch nicht von seinem Verstand."
Und dann mußte ich eines Tages erfahren, daß dies ein Gedicht von Erich Fried ist, genauer: ein Teil eines Gedichtes von Erich Fried. Das ganze Gedicht geht aber so:
Befreiung von den großen Vorbildern
Kein Geringerer
als Leonardo da Vinci
lehrt uns
"Wer immer nur Autoritäten zitiert
macht zwar von seinem Gedächtnis Gebrauch
doch nicht
von seinem Verstand."
Prägt euch das endlich ein:
Mit Leonardo weg von den Autoritäten!
Es ist ein Wahnsinn! In der obigen Fassung ist der Spruch absolut wunderbar. Er geht zunächst ganz widerstandslos runter, bis man schließlich mit ein- bis mehrsekündiger Verspätung den Widerhaken merkt: Der Spruch ist sein eigener Widerspruch.
Und dann die Holzhammer-Fassung von Erich Fríed: Schon die Überschrift lenkt den Leser auf die pädagogische Intention von Fried. Und wer es bis zum Ende des Spruchs (Gedicht möchte ich das Ding gar nicht nennen) immer noch nicht kapiert hat, was der Erich damit meint, dem haut er es mit dem Nachsatz in's Gehirn, bis es auch der Schlichteste noch merken muß.
Der ganze Witz ist beim Deibel.

Eisbär im Cola

In den späten siebziger, frühen achtziger Jahren kam in Deutschland der Kraut-Punk auf, die Neue Deutsche Welle. Eine der Bands (eine Schweizer Band, aber was soll's) damals hieß "Grauzone" und eines ihrer bekanntesten Lieder war - und ist immer noch - das Lied vom Eisbären:

Ich möchte ein Eisbär sein,
Im Kalten Cola,
Dann müßte ich nicht mehr schrei'n,
Alles wär' so klar.

Sehr schön, fand ich damals, ein schönes und witziges Bild von dem Eisbären, der sich im kalten Cola so richtig wohl fühlt. Ich mochte das Lied.

1999 war das Lied auf einmal wieder da, überall zu hören. Ich weiß nicht, ob im Original oder als Re-Mix oder was immer. Jedenfalls behauptete mein Sohn, es hieße nicht "im kalten Cola", sondern "im kalten Polar". Ich, der ich das Lied oft genug gehört hatte, damals, wies ihn zurecht, denn ich wußte es ganz genau. Das heiße "Cola", sagte ich ihm und nicht "Polar". Wenn er auch nur für ein Fünferl nachdenke, dann werde er merken, daß "Polar" keinen Sinn mache. Oder besser: Sinn mache "Polar" schon, aber das hätte dann überhaupt keinen Witz. Warum sollte sich jemand danach sehnen, ein Eisbär im Polargebiet zu sein? Völliger Unfug, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Ein Eisbär in einem Glas Cola dagegen, an ein Eiswürfelchen geklammert, das habe doch was.

Und dann habe ich das Lied endlich mal irgendwo gehört, und tatsächlich: "Polar" und nicht "Cola".

Plopp! Aus. Der ganze Zauber des Liedes ist weg.

So was von Einfallslosigkeit.

Und mein Sohn hat wieder mal recht gehabt.

Gute Literatur ist immer aufwühlend

Nachdem Hans Sedlaceks Geschichte "Fahles Licht" erschienen war, reagierte die Fachwelt erfreulich aufmerksam auf den neuen Dichter, Sedlacek wurde zu Lesungen und Podiumsdiskussionen in kommunale Kulturzentren eingeladen.Anselm Korff, der unter dem Namen Hans Sedlacek publiziert, hat eine andere Variante - erfolgreich - ausprobiert:
Nachdem seine Geschichte "Fahles Licht" unter dem Namen Hans Sedlacek erschienen war, reagierte die Fachwelt erfreulich aufmerksam auf den neuen Dichter, Sedlacek wurde zu Lesungen und Podiumsdiskussionen in kommunale Kulturzentren eingeladen.
In München-Milbertshofen war nun zu einer solchen Lesung mehrerer Jungautoren erstmals ein überregionales Fernsehteam nicht nur eingeladen, son­dern auch tatsächlich erschienen. Nicht wegen der unbekannten Jungautoren, sondern wegen der lokalen Kritikerprominenz, die zu diesem Ereignis ihr Erscheinen fest zugesagt hatte.
Als Sedlacek aus seiner deprimierendsten Geschichte eine Szene von geradezu abstoßender Hoffnungslosigkeit las, gab er - vor laufenden Fernsehkameras! - auf eine ausgesprochen obszöne Weise ungezügelte Würgelaute von sich; Würgelaute, wie sie heftigem Erbrechen voranzugehen pflegen. Verwirrt, verzweifelt, zu der verzweifelt verwirrenden Geschichte passend, die er gerade las, sah sich Sedlacek um und griff dann nach einer wie zufällig neben ihm auf dem Boden stehenden Papiertüte.
Die etwas Älteren erinnern sich noch an die dramatischen Fernsehbilder, die damals in allen Feuilletons wieder und wieder gezeigt wurden; an die zahllosen Diskussionen darüber, ob man diese Szenen nun hätte zeigen sollen oder nicht - wobei man, der besseren Verdeutlichung wegen, diese Szenen neu und stets noch mal neu zeigte, in Zeitlupe und rückwärts, mit und ohne Ton.
Mit einem letzten, gräßlichen Würgelaut hatte Sedlacek die Papiertüte gepackt und dann hemmungslos seinen Mageninhalt in diese Papiertüte entleert. Anders ausgedrückt: Vor laufenden Fernsehkameras, während einer mit hochkarätigen Literaturkritikern besetzten Autorenlesung kotzte Sedlacek in eine Tüte. Das alleine wäre bereits eine Meldung in sämtlichen Feuilletons wert gewesen. Sedlacek aber zog nun, durch den befreienden Akt gesundheitlich sichtlich besser gestellt, aus seiner Rocktasche einen, wie zufällig dort sich befindlichen Löffel und begann vor den Augen des entsetzten Publikums - und vor laufenden Fernsehkameras, wie gesagt - die weiße Masse mit etlich darin befindlichen roten Brocken stetig löffelnd zu essen. Ein Gutteil des Publikums wurde erst blaß, dann grün; würgende Laute waren zu hören, die rasch an Zahl und Intensität zunahmen.
Der Sachschaden war beträchtlich. Zu den Reinigungskosten für den Versammlungsraum im Kulturzentrum kamen noch die jeweils individuell zu tragenden Kosten für Reinigung oder Wäsche der beschmutzten Kleidungsstücke zahlreicher Besucher der Veranstaltung.
Sedlacek aber war mit einem Schlag weit über München hinaus bekannt, wurde rasch zu einer bundesweit prominenten Persönlichkeit in der literarischen Welt. Kritiker sprachen von der "beklemmenden Intensität" seiner deprimierenden Texte, ein Kritiker wollte gar "immer schon" autokannibalistische Komponenten in Sedlaceks Werk gefunden haben.
Die Einladungen zu Lesungen mit anschließender Diskussion nahmen zu, schwollen an, wobei jeder Veranstalter, jeder Besucher einer solchen Lesung natürlich heftig abgestritten hätte, er hoffe auf eine Wiederholung des spektakulären Kotzmahles.
Sedlacek hütete sich natürlich, dergleichen zu tun. Zum einen, weil er nunmehr als seriöser Autor etabliert war, zum anderen - und vor allem - weil er fürchtete, man könnte ihm bei einer eventuellen Wiederholung des Tricks auf den in der Tüte zuvor versteckten Fleischsalat kommen.

Dummheit

Aus dem Usenet


Ein engagierter Autor von Undergroundliteratur schrieb einmal im Usenet:

Ich poste sehr spontan und da lässt es sich nicht vermeiden, dass viel Scheiße dabei ist, doch die Gedanken habe ich mir schon vorher gemacht - es ist nur sehr schwierig, grenzenloses Entsetzen über die extreme Dummheit seiner Mitmenschen in Worte und sich dabei auch noch gleichzeitig kurz zu fassen.

Ich antwortete ihm:

Dann nimm dir Zeit, wenn's so schwer ist.

Äh, und apropos "extreme Dummheit deiner Mitmenschen" - hast du irgendeine Theorie, wie's kommt, daß von allen Menschen ausgerechnet du von diesem Dummheitsvirus nicht angesteckt worden bist?

Der Xare und die Theologie

Das Folgende ist ein Auszug aus dem Kurz-Stück "Der Alise", in dem der Xare die Hauptrolle spielt.

XARE Ich weiß nicht, ob du das weißt, aber früher war mal der Ehebruch verboten.

Er versucht, dreckig zu lachen.

XARE Nein, nein, nicht nur von der Religion, das sowieso, sondern so richtig, vom Staat aus, war das früher verboten. Und ganz früher, bei den alten Juden, da hat man die Ehebrecher gesteinigt. Ich kann mich noch gut erinnern...

Der Xare sucht in Jacken-, Hemd- und Hosentaschen umständlich nach seiner Packung Zigaretten...

XARE ...wie ich mich als Bub immer gewundert hab', wo die in der Wüste die ganzen Steine hernehmen. Ich hab' nämlich gedacht, die Wüste, das wär' nur Sand und sonst nix, so eine Art Bibione, nur daß der Strand tausend Kilometer tief ins Land geht. Das mußt du dir mal vorstellen: Du steigst in Bibione aus der Adria und gehst und gehst und ständig ist Strand. Keine Alpen, kein Bayern, kein Sachsen. Nix. Nur Sand. Erst irgendwo in der Nähe von Berlin wird's allmählich wieder normal. Bibione bis nach... Deutet mit dem Kinn vage nach Norden, wo er Norden und damit Preußen vermutet ...Preußen rauf, hab' ich mir gedacht, damals als Bub. Is' natürlich ein Schmarrn, weil später hab' ich gelesen, daß die Wüste auch ganz schön steinig sein kann. Is' ja auch logisch, weil wenn nicht, dann hätten die alten Juden die Leute ja nicht gesteinigt, sondern einfach in den Sand eingegraben.

Der Xare zündet sich die in der Zwischenzeit gefundene, umständlich aus der etwas zerknitterten Packung genommene Zigarette an, inhaliert tief.

XARE Mit verhaltenem Stolz Jetzt wunderst dich natürlich, woher ich das alles weiß. Das kommt daher: Ich bin zwar katholisch, hab' in meiner Jugend aber trotzdem viel in der Bibel gelesen.

Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.

XARE Du lachst, weil du's für einen Witz hältst. Ist aber keiner. Ich mein, immerhin ist deswegen die Reformation ausgebrochen, weil der Luther gemeint hat, es wär' eine gute Idee, wenn jeder die Bibel lesen würd'. Aber der Papst hat gemeint, es reicht, wenn die Pfarrer ab und zu mal reinschauen würden. Und wenn der Papst was meint, dann meint er das nicht nur, dann ist das so. Da ist er unfehlbar. Das war zwar damals noch nicht ausgedacht, die Unfehlbarkeit, aber unfehlbar war er deshalb trotzdem schon, rückblickend. Nur der Luther, der sture Hund, ist bei seiner Meinung geblieben und hat die Bibel übersetzt und bei der Gelegenheit die deutsche Sprache erfunden. Ja, blöd bin ich nicht.

Er klopft mit dem Boden des leeren Glases heftig auf die Tischplatte.

XARE Und wenn du erst mal anfängst, in der Bibel zu lesen, dann merkst du bald, daß das alles Juden sind, die da vorkommen. Der Moses, der David, der... Dings, Herrgotts, wie heißt jetzt der... Breitet die Arme weit zur Seite aus ...der Jesus, genau, der Jesus. Leise, verschwörerisch Hast du das gewußt, daß der Jesus ein Jud war? Ha? Hast du das gewußt? Ah, so. Das hast du gewußt. Na ja, wie gesagt: Alles Juden. Und knallharte Burschen waren das, die alten Juden. Das waren keine milden Christusse mit linke Backe, rechte Backe, hau nur drauf. Nimm doch nur mal den Abraham, gell. Du kennst doch den Abraham? Ah, freilich, den Abraham kennt jeder. Den Abraham also hat Gott, oder wen immer der in seinem Suff für Gott gehalten hat, beauftragt, seinen Sohn - also nicht Gottes, sondern Abrahams Sohn - zu töten. Und was macht der Abraham? Packt seinen Sohn, nimmt ihn mit in die Wüste und hebt schon sein Messer, um ihn abzustechen, als im letzten Augenblick Gott meint, es wär alles nur ein Scherz gewesen und er hätt' nur mal schauen wollen, ob er's wirklich macht. Aber das ist natürlich ein Schmarrn. Weil wenn Gott allwissend ist, dann muß er's doch nicht austesten, dann weiß er's auch so, ob's der Abraham tät', wenn er's ihm sagen würd'. - Na ja, vielleicht war ihm auch nur langweilig. Gott, mein ich.

Macht die Schotten dicht

In der Seefahrt war es zuzeiten ein üblicher Spaß, bei Aufenthalten in Schottland die Einheimischen gezielt betrunken zu machen. Daher der Ausruf: "Macht die Schotten dicht!"

Meine Begegnung mit Eduard Mörike

In der ersten Klasse Gymnasium, ich muß so um die 10/11 Jahre alt gewesen sein, lasen wir ein Gedicht von Mörike und der Deutschlehrer hat sich vor Begeisterung über dies Gedicht geradezu überschlagen. Ich teilte seine Begeisterung nicht und zwar ganz entschieden nicht und eine zeitlang hatt ich tatsächlich den Verdacht, der Deutschlehrer sei selbst dieser Mörike. Anders nämlich konnte ich mir seine Begeisterung nicht erklären...

Er war es aber doch nicht, was dich nicht überraschen wird.

Frechheit

Aus dem Usenet

Im Usenet hatte mal einer geschrieben:

"Ich habe heute mit ein wenig Erstaunen festgestellt, daß derzeit keine Ausgabe der Briefe Goethes an Frau von Stein im Druck zu sein scheint. Ich selbst besitze eine Ausgabe von Cotta mit einer Einleitung von K. Heinemann, gedruckt um die Wende des 19. zum 20 Jahrhunderts (4 Bde. in 2; Cottas Bibliothek der Weltliteratur)."

Daß sich manche Leute überhaupt nicht schämen, fremder Leute Briefe zu lesen.

Bücher werden automatisch geschrieben

Als ich noch der Waldbauernbub war und die vierklassige Volksschule in Gern bei Eggenfelden besuchen tat, da konnte es passieren, daß ich als Strafe ein Gsetzerl aus einem Buch abschreiben mußte. (Das war noch die gute alte Schule der Pädagogik, mit der man den Abscheu vor Lesen und Schreiben konditionierte.) Meistens war es das Lesebuch und meistens handelte es sich um etwa eine Druckseite.

Für einen Achtjährigen, der so gerade mal seit zwei Jahren schreiben kann, ist das eine ziemliche Schweinearbeit.

Unterm Schreiben bin ich dann ins Grübeln gekommen. Eine läppische Druckseite muß ich jetzt abschreiben, dachte ich mir; bloß abschreiben, ohne daß ich mir was eigenes ausdenken muß. Dann schaute ich mir das Buch an, aus dem ich abschreiben mußte und wie dick das war. Es war mir absolut unvorstellbar, daß ein Mensch so ein Buch tatsächlich und wirklich und eigenhändig schreiben könnte.

Ich dachte mir, es müsse wohl irgendeine Maschine geben, die diese Bücher schreibe. Damit meinte ich nicht nur das mechanische Abschreiben, sondern tatsächlich das Schreiben selber, das Ausdenken dieser Geschichten. Ein einzelner Mensch, dachte ich mir, kann das niemals schaffen, so ein ganzes Buch. Absolut unmöglich.

Und noch heute frage ich mich...

Literatur & Stuhlgang

Aus dem Usenet

Ein gewisser Ralf D. schrieb einst im Usenet, in de.rec.buecher, der Mann hat Stil:

"Bücher haben nur einen Sinn für mich: ich benutze sie als Klopapier zum Arschabwischen."

Das forderte zu einer sachgerechten Stellungnahme heraus:

Ralfi, Schnalfi, D.mäuschen, du bist ein Lügner, zumindest kein Praktiker. Was für einen Arsch mußt du haben, daß es dir Spaß macht, dir mit Büchern den Arsch abzuwischen? Ökonomische Gründe können es nicht sein, denn selbst antiquarische Bücher aus der Ramschkiste sind grammpreismäßig teurer als Klopapier.

Aufwendig gestaltete Bücher, Kunstdruck gar, fällt flach, da machts nur "flatsch" und du hast den halben Schmadder auffie Hände, die andere Hälfte über Unterleib und Oberschenkel verschmiert und die dritte Hälfte (wo gar nicht gibt, kann zählen!) aufm Papier. Dieses Papier, nun mal verschissen, bringst du aber nie und nimmermehr durch den Syphon deiner Kackkeramik.

Normale gebundene Bücher bringen nur mäßige Erleichterung. Auch hier ist das Papier viel zu wenig saugfähig, zu wenig geschmeidig, um damit deinem Allerwertesten zu schmeicheln.

Taschenbücher, die billige Alternative? Ja, aber immer noch unbefriedigend. Vor allem aber: die einzelnen Kackblätter sind viel zu klein, um damit einen guten, handsauberen Abwisch zuverlässig zu erreichen.

Es gibt beim Arschabwischen ein ähnliches Dilemma wie in der Theoretischen Physik, eine Art Unschärferelation: Je mieser (drucktechnisch gesehen) das Papier, desto besser für den Arsch. Je mieser (drucktechnisch gesehen) das Papier, desto mieser aber auch der Druck, desto höher die Abriebrate der Druckerschwärze.

Jerry-Cotton-Hefte mögen deiner Backe und Furche schmeicheln, sie hinterlassen aber auf ihre nachhaltige Schleifspuren.

Was ich sagen will, Ralfi, Schnalfi: Du redest Dreck!

Sauerei 1

"Schwein oder nicht Schwein,
Das ist hier die Frage.
Ob's zöner im Gemüt,
Die Pfeil und Schleudern
Blanker Schwänz' erdulden
Oder..."

Ich muß doch bitten, Herr Rösner, wir spielen hier "Prinz Hamlet" und nicht "Graf Porno".

Sauerei 2

Wer ohne Hunde ist, der werfe das erste Schwein.

Hassema

Die Mark war schon im alten Karthago eine bekannte Währungseinheit. Siehe den bekannten Dialog aus der Tragödie "Hassema" von Hamilkar Schaß:

A: Hasdrubal 'ne Mark?
B: Hannibal, aber jetz net.

Feinschmeckerlokal

In Erwins Feinschmeckerlokal bekommt der Stammgast bei seinem zehnten, zwanzigsten und dreißigsten Menü eine Urkunde mit Plakette, von der Spötter behaupten, es sei die Tapferkeitsmedaille dritten, zweiten und ersten Grades.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Sieg

Ein Bild aus der Zeitung, ein ziemlich altes Bild inzwischen, Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre.

Ein Haufen dunkelhäutiger Männer, in Trainingsanzüge gekleidet, steht dichtest gedrängt auf der Gangway eines Flugzeuges. Sie blicken in die Kamera und jene von ihnen, die im Gedränge überhaupt die Arme hochbekommen haben, recken die Hände empor, spreizen Ring- und Mittelfinger zum V-Gruß des Mr. Churchill. V - Victory - Sieg!

Es handelt sich um Kämpfer der PLO, die auf dem Ben-Gurion-Flughafen von Tel Aviv eben ein Flugzeug besteigen, da 4500 (viertausendfünfhundert) von ihnen gegen sechs (6) israelische Gefangene der PLO ausgetauscht werden. Was mag in den zu diesen V-Fingern gehörenden Köpfen vorgehen? Ihre eigene Führung hat ihnen eben grade bestätigt, daß sie Nichts sind, Nullen; genauer: daß jeder von ihnen den Tauschwert von 0,13 % eines israelischen Soldaten besitzt.

Ihre lachenden Gesichter leuchten ein: der Haft entronnen und auf dem Weg in die Freiheit; das ist immer ein Lächeln wert. Aber Victory, Sieg? In der Stunde der schwärzesten Demütigung?

Dienstag, 3. Februar 2009

Der Chauffeur und der Kaiser

Kaiser Wilhelm II., von dem man sagt, er sei der einzige Mensch gewesen, der eine Kopfprothese getragen habe, meinte einst vollmundig (wie alles, was er meinte), er werde sich niemals in so ein stinkendes Automobil setzen, solange er ausreichend Pferde für seine Kutsche habe.
Die Jahre gingen ins Land und Majestät geruhten dann doch, eine Probefahrt mit einem dieser stinkenden Dinger zu unternehmen. Vor der Fahrt ermahnte Graf Schlieffen den Chauffeur Bauernschmied, er möge doch um Himmels Willen nicht schneller als 30 km/h fahren, schließlich gehe es um das Leben seiner Majestät. Worauf Bauernschmied trocken erwiderte: "Um moins scho au."

Mit solchen Leuten kann man Revolutionen machen.

Sonntag, 1. Februar 2009

Arschgesicht


Dieses zornige Rumpelstilzchen in britischer Richterrobe fand ich einst auf der Plattenhülle (3. Seite) von Pink Floyds "The Wall". Je länger ich den zornigen Herrn betrachtete, desto zwingender wurde mir der Eindruck, ich müßte den Herrn von irgendwo her kennen - und sei es aus Film, Funk und Fernsehen.
Andererseits - denke ich mir - war britischen Graphikern damals das Antlitz irgendeines deutschen Provinz-Chefs kaum bekannt. Er wird's wohl doch nicht sein, er:
Oder?

Wir basteln uns eine Sensation

Vor einiger Zeit habe ich in alten Ablagen gestöbert und dabei einige Micky-Maus-Hefte aus den frühen sechziger Jahren gefunden. In der Nummer vom 4. 6. 1960 war dieses sensationelle Bild zu sehen
mit folgender dramatischer Unterschrift:

EINEN KOPFSTAND auf dem Geländer des Stuttgarter Fernsehturms machte der belgische Artist Cesario. Das ist gefährlich und in nicht zur Nachahmung empfohlen! Cesario beherrscht diese Kunst aber so gut, daß er nach menschlichem Ermessen bestimmt nicht herunterfallen kann, wenn er ohne Zuhilfenahme der Arme auf dem Kopf steht. Für die Filmreporter war es eine willkommene Gelegenheit. diese Vorführung für die Wochenschau festzuhalten.

Toll. Auf dem Bild selbst aber sieht, wer zu sehen versteht, daß sich unterhalb des Geländers, auf dem der Artist balanciert, nicht der gähnende Abgrund öffnet, sondern eine weitere Plattform mit Geländer, ein Mensch steht dort.
Wenn den Cesario also eine Windbö erwischt, donnert er in den Abgrund von 3 m. Auch nicht ganz ohne, aber doch....